Demonstranten in den ganzen USA fordern Polizei- und Justizreform. New Yorker Bürgermeister fordert Diskussion über „historische Rassendynamik“.
Washington/New York. Rassismus gegenüber Afroamerikanern sei in der amerikanischen Geschichte und Gesellschaft tief verwurzelt, erklärte US-Präsident Barack Obama in einem am Montag in der TV-Anstalt Bet ausgestrahlten Interview; der Fernsehkanal wendet sich vor allem an ein schwarzes Publikum. Obama widersprach aber der Ansicht, dass das jüngste Geschehen mit den Vorfällen vor 50 Jahren gleichzusetzen sei. Damals haben massive Repressalien gegen Afroamerikaner zur Entstehung einer Bürgerrechtsbewegung geführt: „Heute sind die Dinge besser – nicht gut, aber besser.“
Auch der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio fordert, dass über die „historische Rassendynamik“ in der amerikanischen Gesellschaft offen diskutiert wird. Diese sei Ursache eines „fundamentalen Problems“ des Landes: der tiefen Kluft zwischen (weißen) Polizisten und (schwarzer) Bevölkerung. „Wir kommen nicht weiter, wenn wir die afroamerikanische Bevölkerung oder die Polizei schlechter Absichten bezichtigen oder sie beschuldigen, ihre Aufgabe nicht zu erfüllen.“ Die höhere Kriminalität unter Schwarzen führt er auf „mangelnde ökonomische Fairness in den USA“ zurück.
Obama und der scheidende (schwarze) Justizminister Eric Holden haben Maßnahmen angekündigt, um das Rassismusproblem in den Reihen der Polizei in den Griff zu bekommen. Bei Protesten im ganzen Land gegen Polizeigewalt und Rassismus ist auch am Wochenende der Ruf nach einer Polizei- und Justizreform erhoben worden. Von Arizona bis nach New York hat zuletzt Polizeigewalt mehrere Todesfälle unter Afroamerikanern gefordert. (dpa, afp)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2014)