Noblesse oblige – "Hoflieferant" war fast ein Adelsprädikat

Kaiser Franz Joseph
Kaiser Franz Joseph(c) ORF (Porträtsammlung der österreichischen Nationalbibliothek)
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Der sparsame Kaiserhof zu Wien lohnte höchste Qualität mit wohlfeilen Privilegien. Ohne Taxe ging aber gar nichts...

Was tut man, wenn man als Apostolische Majestät in argen Finanznöten ist, aber dennoch einen kaiserlichen Hof durchfüttern muss, der immense Summen kostet? Genau: Man lässt seine Höflinge nach Lieferanten Ausschau halten, denen es mehr um die Ehre geht als ums schnöde Bezahlen. Geld hatten die auserwählten Luxusfirmen, die die Wiener Hofburg beliefern durften, ohnehin genug. Aber die Urkunde des Obersthofmeisteramtes in dunkelrotem Saffianleder, dass der „Hochwohlgeborene“ berechtigt sei, den kaiserlichen Doppeladler im Firmenschild zu führen, galt mehr als Geld und Orden.

K.u.k. Hoflieferant zu werden, das verpflichtete zu höchster Qualität und zu beträchtlichen Opfern. Denn die tausenden Hofbeamten, Schlossverwalter, Hofjäger, die Offiziere, Sänger und Schauspieler, die allesamt in des Kaisers Diensten standen, erwarteten sich Rabatt bei ihren Einkäufen. Seit 1782 gibt es diesen Titel. Dem Kaiser näher standen nur noch die Kammerlieferanten, die die persönlichen Dinge herbeischafften und daher notgedrungen Zutritt in die kaiserlichen Gemächer hatten.

Bis heute ist ungeklärt, wie hoch die monatliche Apanage Franz Josephs eigentlich war. Die Habsburg-Forscherin Martina Winkelhofer vermutet, dass sich der bedürfnislose Monarch gar nichts auszahlen ließ. Er war sparsam, musste es auch sein, denn die reibungslos arbeitende Hofhaltung verschlang ungeheure Finanzmittel. Oft schossen Franz Joseph und seine Vorgänger aus dem Privatvermögen zu, weil wieder einmal das Geld knapp war.

Und so gab es immer schon für die Offiziere Orden und Auszeichnungen anstatt einer höheren Gage, für die Zulieferer des Hofes hingegen den begehrten Titel eines Hoflieferanten. Sie waren geradezu freudig bereit, die geforderte Taxe von 250 Gulden zu erlegen, wenn ihr Gesuch endlich vom Hofe bewilligt worden war. Darauf mussten sie mehrere Jahren warten, erst dann gab es das Privileg.

„Der Erste Obersthofmeister verleiht Ihnen den Titel eines k.u.k. Hoflieferanten. Kraft desselben steht Ihnen das Recht zu, bei Ihrer Firma das Ah. [Allerhöchste] Wappen zu führen, jedoch dürfen Sie sich des Letzteren im Siegel nicht bedienen. Diesen Hoftitel behalten Sie solange als Sie Ihr Geschäft aufrecht und persönlich betreiben“, hieß es in der Urkunde.

Der Titel war also nicht erblich. Er musste immer wieder neu beantragt werden. Fünfhundert waren es am Ende der Monarchie 1918, sogar in den USA und in Japan gab es welche.

Das „Handbuch des Allerhöchsten Hofes“ aus dem Jahr 1899 verzeichnet dagegen nur 17Kammerlieferanten, die berechtigt waren, das persönliche Wappen des Kaisers zu führen, also nicht nur das Staatswappen. Wir finden darunter den Hofjuwelier Köchert, den Hutmacher Habig, eine Posamentiererin, seltsamerweise aber weder einen Schuster noch Schneider. Offenbar gab es da mehrere Zulieferer.

Sisis Sarg. Und so stammen etwa die Kupfersarkophage, in denen Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf ihren ewigen Schlummer verbringen, natürlich von einem k.u.k. Hoflieferanten: Alexander M. Beschorner in der heutigen Lindengasse war der renommierteste Metallsargproduzent seiner Zeit.

Mella von Waldstein hat 29 heute noch bestehende Firmen mit dem klingenden Titel in einem Buch porträtiert. Nicht nur der Demel gehört dazu, auch der Herrenschneider Kniže, Lobmeyr und Johann Springer's Erben (Schießgewehre). Bösendorfer, Backhausen, Bühlmayer, Jungmann, Kuppitsch – ein Spaziergang durch die Innenstadt erinnert an all die klingenden Namen. Viele mussten freilich aufgeben. Nicht nur der Knopfkönig, ebenso Braun & Co. am Graben. Auch den Kammerjuwelier Hügler gibt es nicht mehr. In der Blütezeit betrieb man eine Dependance im Hotel Bristol sowie Filialen in Salzburg, Bad Gastein und Rio de Janeiro. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts kündete noch ein Schaufenster in Gastein neben dem Hotel Straubinger vom früheren Glanz. Beides ist Geschichte.

Genau wie die einst europaweit bekannte Schuhpasta des Karl Schmoll, geadelter von Eisenwerth. Der Fabrikant hatte seine Fabrik in Währing und machte mit seiner Schmollpasta ein Bombengeschäft, das er mit der Armee abwickelte. Heute scheint Schuheputzen eher unmodern zu sein.

Nägele & Strubell ist hingegen ein Beispiel dafür, dass sich aus einem kleinen Geschäft (Verschleiß von Parfümerie- und Drogeriewaren, Zum Genfer Kreuz am Graben) eine ganze Filialkette etablieren konnte.

Keine Frage, dass eine Verlags- und Universitätsbuchhandlung gleich von Anbeginn an zu den Hoflieferanten zählte. Das Portal des Manz'schen Geschäftes am Kohlmarkt gestaltete niemand Geringerer als Adolf Loos im Jahr 1912. Huber & Lerner hingegen, bei denen man seine feinen Drucksachen bestellte (und heute noch tut), musste 2002 in die Weihburggasse übersiedeln. Der Mietdruck am Kohlmarkt war zu groß.

K.u.k.

Kaiserliche und königliche Hoflieferanten waren für beide Hofhaltungen (in Wien und in Budapest) tätig.

Königliche Hoflieferanten lieferten nur für den Apostolischen König von Ungarn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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