Spital Nord: Kosten steigen weiter

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Während das Krankenhaus mitten im Bau ist, haben sich die ungeplanten Mehrkosten auf rund 100 Millionen Euro verdoppelt. Nun rollt eine Prozesslawine an.

Wien. Es soll das modernste Spital Europas werden. Ein Vorzeigeprojekt, ein kleines AKH im Norden von Wien. Das Ziel: Es soll in den bevölkerungsmäßig stark wachsenden Bezirken jenseits der Donau die zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung von hunderttausenden Wienern übernehmen.

Doch die Situation bei dem Prestigeprojekt von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely verschärft sich. Wurde noch im August des Vorjahrs von einer Kostensteigerung in der Höhe von rund 50 Millionen Euro gesprochen, hat sich dieses Minus nur zehn Monate später verdoppelt.

Zehn statt fünf Prozent teurer

Am Dienstag hat Thomas Balazs, stellvertretender Generaldirektor des KAV (Krankenanstaltenverbund) erklärt: Das Krankenhaus Nord werde nicht um fünf, sondern um zehn Prozent teurer werden als geplant. Konkret soll das Mega-Spital mit 1,049 Milliarden Euro knapp 100 Millionen Euro mehr kosten als ursprünglich kalkuliert. Vor zehn Monaten hat Balasz noch gemeint: Die Kostenüberschreitungen werden bei „maximal fünf Prozent“ der Projektkosten liegen. Also bei rund 50 Millionen Euro.

Dazu ist seit Dienstag offiziell: Das Krankenhaus Nord wird nicht 2016 oder Anfang 2017 eröffnen, sondern erst im Juni 2017 – und das auch nur, falls keine weiteren Komplikationen auftreten.

Die Ursache der Kostensteigerung von 50 auf 100 Millionen Euro? Laut KAV-Vizechef Balasz seien es Fehler in der Statikberechnung sowie der Konkurs einer Fassadenfirma gewesen, die entsprechende Kosten verursacht hätten.

Nur: Beide Probleme sind seit Langem bekannt und wurden bereits vor zehn Monaten als Begründung für die erste Kostenüberschreitung (rund 50 Millionen Euro) herangezogen und einkalkuliert. Warum nochmals mit der Statik und dem Konkurs der Fassadenfirma argumentiert wird? „Beide Ereignisse haben zeitliche Verzögerungen verursacht. Das hat zu Folgekosten geführt“, heißt es beim KAV, der am Ende aber nicht mit einer zehnprozentigen Kostenüberschreitung rechnet. Gut die Hälfte der Mehrkosten sollen über Versicherungsmeldungen und Klagen wieder hereinkommen. Beispielsweise wurde Ende der vergangenen Woche eine Klage gegen jene Firmen eingereicht, die für die Statik zuständig waren.

Nun tritt ein, was „Die Presse“ bereits im Juni 2014 berichtet hat: Nach den chaotischen Zuständen auf der Baustelle, den zeitlichen Verzögerungen und massiven Kostensteigerungen droht eine Prozessflut. Wobei die KAV-Aussage, man werde die Hälfte der Kostenüberschreitungen über Klagen wieder hereinbekommen, ausgesprochen optimistisch ist. Immerhin hatten mehrere Baufirmen bereits im Mai des Vorjahrs den Projektserver per Gerichtsbeschluss beschlagnahmen und sichern lassen. Die damalige Begründung für diese radikale Maßnahme: Bei dem Projekt komme es zu einer Kostenexplosion inklusive massiver Bauverzögerung. Deshalb müsse man sich dringend rechtlich absichern, hat es damals bei den Baufirmen geheißen, die wiederum die Ursache der Probleme beim KAV sehen: „Und wir wollen nicht die Sündenböcke sein.“

Dazu noch ein Detail: Derartige Prozesse dauern teilweise jahrelang und enden meist mit einem Vergleich, ist in der Baubranche zu hören. Aber selbst wenn der KAV vor Gericht recht bekommt, könnte es auf der finanziellen Seite ohne Ergebnis enden – denn automatisch werden auch kleine Firmen geklagt, bei denen finanziell kaum etwas zu holen ist.

Weitere Probleme dementiert

Im Frühjahr haben KAV und die Auftragnehmer gemeinsam ein sogenanntes Clearingverfahren eingeleitet. Noch im Sommer wird deshalb ein Gesamtplan vorliegen, nach dem verbindlich bis zur Fertigstellung weitergearbeitet wird. Im Sommer soll auch feststehen, welcher Schaden im Bereich der Haustechnik aufgrund der Verzögerungen aufgetreten ist.

Gleichzeitig dementierten Balazs und Architekt Wimmer immer wieder auftretende Gerüchte, es gebe weitere Probleme – vor allem mit Wassereinbrüchen und dem Fundament.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2015)

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