Kurden erobern Dörfer zurück, IS rückt auf Kobane vor

Türkische Panzer
Türkische Panzer(c) Reuters
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Die Türkei gibt angesichts der Zuspitzung der Ereignisse ihre Zurückhaltung auf und verlegt Panzer an die Grenze zu Syrien.

Wechselndes Kriegsglück im Kampf der Kurden gegen den Islamischen Staat: Während die Kämpfer des IS scheinbar unaufhaltsam auf die syrisch-kurdische Stadt Kobane nahe der türkischen Grenze vorrückten und Dienstagnachmittag nur mehr zwei Kilometer von ihr entfernt waren, gelang es kurdischen Kämpfern immerhin, zehn Dörfer im Irak von den Islamisten zurückzuerobern. Die Orte liegen an der Grenze zu Syrien, nordwestlich der IS-Hochburg Mossul, wie es aus den Reihen der kurdischen Peschmerga hieß. Angeblich nahmen die kurdischen Kämpfer auch den Grenzort Rabia ein. Die Peshmerga bekamen dabei Luftunterstützung durch US-Kampfjets.

Erste Attacken haben britische Kampfjets auf Stellungen der IS im Irak geflogen. Tornado-Flugzeuge griffen schweres Gerät der Islamisten an, das kurdische Truppen bedroht habe, und attackierten später in der selben Gegend auch einen bewaffneten Transporter, sagte Verteidigungsminister Michael Fallon am Dienstag dem Sender BBC. Die Flieger seien heil zurückgekehrt.

Am gleichen Tag erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Eltern hätten die Freilassung von mehr als 70 kurdischen Schülern im Alter zwischen 13 und 15 Jahren gemeldet, die die IS im Mai im Norden Syriens entführt hatte. Sie gehörten demnach zu einer Gruppe von 153 Schülern, die am 29. Mai in Aleppo auf dem Rückweg in ihre Heimatstadt Kobane (arabisch: Ayn al-Arab) verschleppt worden waren.

Entscheidender ist derzeit freilich die Schlacht um Kobane. Da die Kämpfe immer öfter auch die Türkei in Mitleidenschaft ziehen und in den vergangenen Tagen immer wieder Geschosse auf türkischem Territorium niedergegangen waren, ließ der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Panzer und gepanzerte Fahrzeuge in die Grenzstadt Mürsitpinar verlegen, die gegenüber von Kobane liegt. Laut einem Bericht von „Spiegel Online“ bezogen mindestens 30 Panzer auf einem Hügel Position. „Wir haben die Grenze vollständig unter Kontrolle, wir haben unsere Sicherheitsvorkehrungen in der Region Suruc verschärft", wird Innenminister Efkan Ala zitiert.

Türkische Beteiligung an Bündnis gegen IS?

Bisher hatte die Türkei den USA ein militärisches Engagement im Kampf gegen die Extremisten verweigert. Immerhin verfolgen Ankara und der IS als gemeinsames Ziel den Sturz des syrischen Diktators Bashar al-Assad. Seit aber der IS dutzende türkische Staatsbürger wochenlang in seiner Gewalt hielt – mittlerweile kamen sie frei -, scheint Erdogan seine Haltung überdacht zu haben. So verkündete er: „Wir können uns nicht raushalten und werden dort sein, wo wir gebraucht werden.“ Dem IS warf er am Montag „Wildheit und Gewalt" vor. Wer sich bei „Terrorakten" auf den Islam berufe, „verdreht die Wahrheit", sagte er in Istanbul. Der Islam sei „eine Religion des Friedens".

Seine Regierung werde folglich das Parlament noch in dieser Woche um grünes Licht für eine Beteiligung an den US-geführten Angriffen gegen den IS zu bitten. Ein Antrag auf Zustimmung wird ab Dienstag im Parlament erwartet, für Donnerstag ist eine Debatte vorgesehen. Die Regierung hofft auf einen positiven Entscheid noch vor den muslimischen Eid-Feiertagen, die am Samstag beginnen.

Einwohner "Wir brauchen Hilfe und Waffen"

Die Bewohner von Kobane befürchten bei einer Eroberung durch den IS ein Massaker. Die Zahl der Luftangriffe in der Region sei zu gering und die Luftschläge seien zu weit weg von der Front, beklagen Augenzeugen, wie der US-Fernsehsender „CNN" in der Nacht zum Dienstag berichtete. „Wir brauchen Hilfe. Wir brauchen Waffen. Wir brauchen effektivere Luftschläge", sagte Idriss Nassan aus Kobane. Wenn es so bleibt, „werden wir ein Massaker sehen". Er könne sich nicht vorstellen, was geschehen werde, wenn die Terrormiliz in Kobane einmarschiert.

>> Bericht von "Spiegel Online"

>> Bericht von "CNN"

(Reuters/APA/AFP/dpa/Red.)

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