Haiti im politischen Patt: Präsidenten-Stichwahl verschoben

Sie wollen wählen, können aber nicht. In Haiti wird die Präsidentschaftswahl zur Krise.
Sie wollen wählen, können aber nicht. In Haiti wird die Präsidentschaftswahl zur Krise.(c) APA/AFP/HECTOR RETAMAL
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Die Opposition wirft der Regierung Fälschung des ersten Wahldurchgangs vor. Aus Angst vor Gewalt wurde die Stichwahl verschoben, was wiederum Proteste auslöste.

Haiti schlittert mehr und mehr in die politische Krise. Nach der Absage der umstrittenen Präsidenten-Stichwahl haben Tausende Menschen den sofortigen Rücktritt von Präsident Michel Martelly gefordert. Die Demonstranten forderten am Freitagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Port-au-Prince auch gewaltsam die Auflösung des Provisorischen Wahlrats CEP.

Die Wahlbehörde hatte zuvor zum zweiten Mal innerhalb eines Monats die Stichwahl um das Präsidentenamt zwischen dem Regierungskandidaten Jovenel Moise und dem Oppositionellen Jude Celestin wegen Boykottdrohungen auf unbestimmte Zeit aufgeschoben. Die Abstimmung in dem karibischen Krisenstaat wird seit Wochen von Betrugvorwürfen überschattet. Bei den Protesten kam nach Medienberichten ein Mensch ums Leben.

Manipulationsvorwürfe

Die Opposition hatte sich geweigert, den für diesen Sonntag geplanten Urnengang anzuerkennen und zum Boykott aufgerufen. Sie wirft den Wahlbehörden Manipulation zugunsten des Regierungskandidaten Jovenel Moise beim ersten Wahldurchgang Ende Oktober vor. Die Stichwahl war Ende Dezember schon einmal verschoben worden.

Die Wahlbehörden verwiesen diesmal auf die kritische Lage wegen der seit Tagen anhaltenden Proteste. Trotz der Maßnahme kam es in Port-au-Prince zu schweren Ausschreitungen. Im Stadtteil Petion-Ville wurde einem Bericht zufolge eine Person von aufgebrachten Demonstranten zu Tode geprügelt.

Anfang Februar ohne Präsident

Wann die Stichwahl nun nachgeholt werden könnte, ist unklar. Präsident Martelly scheidet offiziell Anfang Februar nach fünf Jahren aus dem Amt. Die EU äußerte sich besorgt über die Lage. Es sei nun entscheidend, die Gewalt zu stoppen, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini mit. Auch müssten sich alle Akteure engagieren, um den Wahlprozess erfolgreich zu Ende zu bringen.

Der Oppositionskandidat Celestin weigert sich, die Wahlergebnisse der ersten Wahlrunde vom 25. Oktober zu akzeptieren. Nach den offiziellen Ergebnissen hatte der als Regierungskandidat angetretene Unternehmer Moise damals die meisten Stimmen erhalten (32,8 Prozent). Celestin landete mit 25,2 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz.

(APA/AFP)

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