Seit Beginn der Offensive auf die syrische Stadt sind mehr als 500 Zivilisten ums Leben gekommen. Machthaber Assad schließt eine Feuerpause aus.
Es sind die Zivilisten, die unter dem blutigen Konflikt um den Ostteil der einstigen Metropole Aleppo am meisten leiden: Seit dem Beginn der Offensive syrischer Regierungstruppen auf die Großstadt in Syrien sind Aktivisten zufolge rund 500 Zivilisten ums Leben gekommen.
Durch heftige Luftangriffe und Artilleriebeschuss von syrischen Regimekräften seien 384 Zivilisten getötet worden, unter ihnen 45 Kinder, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag. 114 Menschen starben demnach durch Granaten, die Rebellen auf Stadtviertel unter Kontrolle der Regierung oder kurdischer Einheiten gefeuert hätten. Darunter seien 36 Kinder gewesen. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
Die syrische Armee und verbündete Milizen hatten Mitte November eine Offensive auf den Osten Aleppos begonnen, der bisher von oppositionellen Milizen gehalten wurde. Mittlerweile haben sie der Beobachtungsstelle zufolge rund 80 Prozent des bisherigen Rebellengebietes erobert. Auch die Altstadt sei wieder unter der Kontrolle der Regierung, berichten Aktivisten. Die Rebellen lehnen bisher einen Abzug aus Aleppo ab, stattdessen fordern sie eine fünftägige Waffenruhe für die nordsyrische Stadt sowie freies Geleit für Zivilisten.
Erstmals 150 Zivilisten evakuiert
Erstmals konnten in der Nacht auf Donnerstag Kranke und Zivilisten in größerem Umfang evakuiert werden. Rund 150 Menschen seien in der Nacht zum Donnerstag aus einem Spital in der Altstadt in den von Regime-Truppen beherrschten Westen der Millionenstadt gebracht worden, teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf mit.
Diese Menschen hätten seit Tagen das Krankenhaus angesichts der schweren Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen nicht verlassen können. Nachdem Regierungstruppen das Hospital Dar Al-Safaa erobert hätten, seien die Patienten in drei Krankenhäuser im Westen der Metropole und in Flüchtlingslager verlegt worden.
Sieg wäre "riesiger Schritt" in Richtung Kriegsende
Trotz der verheerenden humanitären Lage aber hat Syriens Machthaber Bashar al-Assad Forderungen nach einer Waffenruhe zurückgewiesen. Diese Möglichkeit "existiert praktisch nicht", sagte Assad in einem Interview mit der syrischen Tageszeitung "Al-Watan" vom Donnerstag. Er warf den USA vor, nur deshalb einen Waffenstillstand zu fordern, weil die von Washington unterstützten Rebellen "in einer schwierigen Lage" seien.
Assad sagte in dem Interview, die Rückeroberung von Aleppo wäre zwar ein Sieg für die Regierung, "aber nicht das Ende des Krieges in Syrien". Ein Sieg wäre jedoch "ein riesiger Schritt" in Richtung eines Kriegsendes.
Kerry hofft auf Durchbruch
US-Außenminister John Kerry hat sich zurückhaltend über die Chancen für eine Beendigung der Kämpfe in der syrischen Großstadt Aleppo geäußert. Er sei zwar nicht zuversichtlich, aber hoffnungsvoll, dass es zu einem Durchbruch kommen werde, sagte Kerry am Donnerstag nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow am Rande der OSZE-Außenministerkonferenz in Hamburg.
Er warte noch auf bestimmte Rückmeldungen und Informationen, erklärte Kerry, ohne Details zu nennen. Die russische Regierung hatte zuvor mitgeteilt, man stehe kurz vor einer Einigung. In den vergangenen Tagen seien zahlreiche Dokumente ausgetauscht worden, sagte Vize-Außenminister Sergej Rybakow der Agentur Interfax zufolge. "Wir stehen vor einer Verständigung, aber ich warne vor allzu großen Erwartungen."
Am Mittwoch hatte der Kreml erklärt, eine Vereinbarung mit den USA, die es Rebellen erlauben solle, die Stadt auf sicheren Wegen zu verlassen, stehe immer noch auf der Tagesordnung. Mehrere westliche Regierungen haben sich zuletzt für eine sofortige Feuerpause in Aleppo ausgesprochen. Dies lehnen die Regierung in Damaskus und ihr Verbündeter Russland jedoch ab und machen einen Abzug der Rebellen zur Bedingung.
(APA/AFP/dpa/Reuters)