Barack Obamas Outing

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US-Präsident Obama sprach sich für die Homosexuellen-Ehe aus. Die schwul-lesbische Community in den Vereinigten Staaten jubelt, die religiöse Rechte ist empört. Zuletzt war Obama unter erhöhten Zugzwang geraten.

Washington. Die große und einflussreiche Schwulengemeinde des Landes war wie elektrisiert, die sozialen Medien schwirrten vor Sympathie- und Jubelbekundungen. „Ich werde Danke schreien“, kündigte der Aktivist Evan Wolfson an, der bei einer akademischen Ehrung in New York kommende Woche auf der Bühne neben dem Präsidenten stehen wird.

Barack Obamas Outing in einem TV-Interview, sein Bekenntnis für eine Homosexuellen-Ehe, hat die schwule Community aufgeputscht, zugleich aber auch die religiöse Rechte mobilisiert. „Das ist ein unerwartetes Geschenk für Mitt Romneys Wahlkampf“, erklärte Ralph Reed, der Vorsitzende der „Faith and Freedom“-Bewegung. Der republikanische Kandidat selbst ließ Vorsicht walten – „das ist ein sensibles Thema“ –, um danach zu betonen: „Ich bin für eine Ehe zwischen Mann und Frau.“

Dies war lange auch der Standpunkt des Präsidenten. Zwar hatte er sich schon als Jungpolitiker vor mehr als 15 Jahren für eine Legalisierung von homosexuellen Gemeinschaften ausgesprochen, doch favorisierte er eine zivile Partnerschaft. Im Vorjahr gab er dem Drängen nach, Homosexuelle auch offen zum Militärdienst zuzulassen und die Kompromissformel „Don't ask, don't tell“ aufzuheben, die ein Verschweigen der sexuellen Neigung erfordert hatte.

Damit waren die Forderungen der Schwulen und Lesben, darunter viele dezidierte Unterstützer und Geldgeber Obamas, freilich nicht erfüllt. „Hörst du mich, Obama?“, rief Lady Gaga bei einer Demonstration vor den Stufen des Kapitols, bei einer Spendengala des Präsidenten deklamierten schwule Anhänger „Hochzeit, Hochzeit“.

Zuletzt war Obama unter erhöhten Zugzwang geraten. Vizepräsident Joe Biden hatte in einem Interview für die Schwulenehe plädiert, Bildungsminister Arne Duncan schloss sich ihm an. Im Weißen Haus rumorte es, manche waren pikiert über Bidens Vorstoß. Noch vor dem Parteitag der Demokraten im September wollte Obama eine Lanze für die Homosexuellen-Ehe brechen. Nun blieb ihm keine andere Wahl, als die Erklärung vorzuziehen – auf die Gefahr hin, als Getriebener zu erscheinen.

Also bestellte der Präsident die ABC-Journalistin Robin Roberts zu einem Interview ins Weiße Haus, um ein Signal zu setzen. Obama legte ihr seinen „Evolutionsprozess“ in der heiklen Frage dar und erzählte von den Tischgesprächen mit seiner Frau und den Töchtern Malia und Sasha, von deren Schulfreunden und ihren homosexuellen Eltern, von seinen schwulen Mitarbeitern im Weißen Haus, die in monogamen Beziehungen leben, und der „goldenen Regel“ nach dem „Kant'schen Imperativ: „Behandle die Menschen so, wie du behandelt werden möchtest.“

Symbolischer Schritt

Zuvor wollte Obama den Sanktus des Pastors Joel Hunter, eines spirituellen Beraters, einholen, war aber abgeblitzt. Rechtliche Konsequenzen hat der symbolische Schritt indes nicht. Über die Frage entscheiden die Bundesstaaten und die Höchstgerichte. Laut Umfragen treten 50 Prozent der Amerikaner für eine Homo-Ehe ein, und die Unterstützung wächst – auch dank TV-Serien wie „Modern Family“, im Übrigen die Lieblingsserie des Mormonen Romney.

Auf einen Blick

Homo-Ehe: In neun US-Bundesstaaten ist die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern legal, in Kalifornien entscheidet das Höchstgericht. North Carolina votierte, wie 30 US-Staaten, für einen Verfassungszusatz, der die Ehe zwischen Mann und Frau festschreibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2012)

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