Der FPÖ-Kandidat musste seine Niederlage eingestehen. Schon wieder. Aber er warnt: „Man hat in mir einen schlafenden Bären geweckt.“ Die Partei hofft auf rasche Neuwahlen.
Angekündigt wird er als „Sieger der Herzen“. Und zumindest für den Radius hier, im FPÖ-Parlamentsklub, dürfte das auch stimmen: Die inoffizielle freiheitliche Hymne „Immer wieder Österreich“ wird gespielt, dann: Auftritt Norbert (und Verena) Hofer. Gefolgt von Parteichef Heinz-Christian Strache.
Hofer gibt vor seinen Fans hier zu: „Ich war heute sehr, sehr traurig.“ Aber er stellt auch klar, was das nächste Ziel seiner Partei ist: nämlich das Kanzleramt. „Im Jänner wurde in mir ein schlafender Bär geweckt“, sagt er. Anfangs hätte er es noch genossen, als unbekannter Freiheitlicher im Parlament zu arbeiten. Nun meint er in Richtung Strache: „Du hast einen fleißigen Wahlhelfer gewonnen.“ Und: „Wer glaubt, zwischen uns beiden gibt es Differenzen, der wird enttäuscht werden. Wir sind ein Team.“
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Und auch Strache spricht zu Hofer: „Du bist der Sieger der Zukunft!“ Dann merkt der Parteichef schnell an: Er selbst sei der Spitzenkandidat bei der kommenden Wahl. Hofer werde ihn aber unterstützen. „Also lasst die Köpfe nicht hängen.“ Man ist bemüht, nun ja keine Obmanndebatte aufkommen zu lassen. Und zumindest ein bisschen Feierlaune in den Parteiräumen aufkommen zu lassen.
Tränen im Freiheitlichen Klub
Aber prinzipiell war es schnell klar: Das war's. Nur wenige Minuten nachdem die Wahllokale schließen, wird klar: Alexander Van der Bellen ist vorn. Norbert Hofer verliert. Endgültig. So findet dieser historische, scheinbar ewige Wahlkampf ein recht unspektakuläres Ende.
Es gibt kein Kopf-an-Kopf-Rennen. Kein Zittern bis zum Auszählen der Briefwahlstimmen. Und auch keine Anfechtung mehr. Es fließen Tränen, eine junge Frau trocknet sie mit einem Taschentuch. Die übrigen Funktionäre sind zunächst still. So kennt man die Freiheitlichen an Wahlsonntagen nicht. Kaum jemand ist vor dem Einzug Hofers im FPÖ-Büro. Journalisten und Kameraleute sind fast in der Überzahl.
Kurz schaut zunächst Generalsekretär Herbert Kickl vorbei, jemand muss schließlich. Er gratuliert dem Sieger. Und macht das, was Parteimanager so tun: Strategisch doch noch einen Vorteil aus dieser Wahl schlagen. Und auch er denkt an die kommenden Nationalratswahlen: „Hofer ist eine Persönlichkeit, die die österreichische Politik braucht.“ Der Dritte Nationalratspräsident werde das „hervorragende Team in einem Nationalratswahlkampf verstärken“.
FPÖ, was nun?
Und so sehen es auch die Freiheitlichen in den Parlamentsräumen. Klar, man sei enttäuscht. Andererseits: Man habe trotz allem ein großartiges Ergebnis erzielt. Damit haben sie auch recht, prinzipiell. Noch nie hat ein freiheitlicher Kandidat ein so gutes Ergebnis eingefahren. Jörg Haider schaffte es in Kärnten auf 42,4 Prozent. Strache in Wien auf 30,8 Prozent.
Und trotzdem: Was Hofer bei dem ersten Wahldurchgang als „Rendezvous mit der Geschichte“ bezeichnete, endete sozusagen beim dritten Date. Nach elf Monaten. Jetzt, da Hofer nicht in die Hofburg einzieht, stellt man sich die Frage: Was nun? Auch hier im Parlament gibt man zu: Will man die kommenden Nationalratswahlen gewinnen, brauche es beide – Hofer und Strache. Schließlich schaffte es der Dritte Nationalratspräsident mit seinen (vergleichsweise) sanften Tönen fast in die Hofburg.
Seinen Wunsch gab Hofer bereits vor Wochen bekannt: Er wäre gern Nationalratspräsident. Er will aber auch nicht ausschließen, möglicherweise in die Regierung zu ziehen. Es gibt sogar manche, die sich Hofer als neuen FPÖ-Chef wünschen. Oder sich davor fürchten.
Wir werden sehen, was alles möglich ist.
("Die Presse", Printausgabe, 05.12.2016)