Athen lehnt Zusammenarbeit mit Troika ab

Greek Finance Minister Varoufakis looks on before a common press conference with Dijsselbloem head of the euro zone finance ministers´ group at the ministry in Athens
Greek Finance Minister Varoufakis looks on before a common press conference with Dijsselbloem head of the euro zone finance ministers´ group at the ministry in Athens(c) REUTERS (KOSTAS TSIRONIS)
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Finanzminister Varoufakis fand nach Besuch von Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem klare Worte gegen die Sparpolitik.

Athen/Wien. Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis bleibt auf Konfrontationskurs mit den internationalen Geldgebern: Athen wolle keine Zusammenarbeit mit der Gläubiger-Troika zur Verlängerung eines „falschen“ Programms, machte er am gestrigen Freitag unmissverständlich klar. Misstöne gab es aber auch aufseiten der EU: Bevor Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem zu Gesprächen mit der Regierung des radikalen Linksbündnisses Syriza nach Athen reiste, äußerte er sich kritisch über die Pläne der neuen Führungsgarnitur. „Wenn die Koalition hält, was sie den Wählern versprochen hat“, werde das Budget 2015 bald aus dem Ruder laufen, warnte er.

Zum konkreten Inhalt der Gespräche mit Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Varoufakis hüllte sich der Niederländer in Schweigen: Weder über den griechischen Haushalt, Strukturreformen, die Schuldenfrage noch über die weitere Ausdehnung der „technischen“ Verlängerung des laufenden Rettungsprogramms ließ er sich zu einer Aussage hinreißen. Stattdessen begnügte sich Dijsselbloem damit, auf einen wesentlichen Punkt hinzuweisen: „Einseitige Schritte“ würden dem Fortschritt nicht dienen; und es wäre schade, wenn die Reformen, die Griechenland gemacht hat, umsonst gewesen sein sollten. Die Forderung nach einer europäischen Schuldenkonferenz lehnt der Niederländer ab: „So eine Konferenz gibt es bereits, und sie heißt Euro-Gruppe“, witzelte er.

Umso deutlicher wurde dafür der griechische Finanzminister, der sich zwar zu ausgeglichenen Budgets und tief greifenden Strukturreformen bekannte. Für Aufsehen aber sorgte seine Absage an die Gläubiger-Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF, die ihre Stäbe nach Athen gesandt hätten, um ein „falsches Rettungsprogramm“ umzusetzen und zu kontrollieren. Man werde in keinem Fall um die Verlängerung des laufenden Programms ansuchen und damit dessen Logik anerkennen, so Varoufakis. Dijsselbloem lauschte den Ausführungen wortlos und beendete dann die Pressekonferenz.

„Schuldenschnitt schwer durchsetzbar“

Die griechische Regierung strebt zwar ein ausgeglichenes Budget an – aber nur mit „kleinem Primärüberschuss“. Der mit den Gläubigern vereinbarte Überschuss von 4,5Prozent ab 2015 sei unrealistisch, so Varoufakis. Der Überschuss sollte nur ein bis 1,5 Prozent betragen. Zudem wiederholte er, dass Griechenland die letzten Zahlungen des laufenden Rettungsprogramms nicht abrufen will, sondern eine umfassende Einigung über die griechischen Schulden anstrebe. Mit derartigen Forderungen wird die griechische Regierung in Brüssel wohl auf Granit beißen – wenngleich die von der Troika verordneten, restriktiven Sparmaßnahmen auch dort einige Gegner haben. „Wir sprechen uns seit Langem gegen die Haushaltskürzungspolitik aus“, betonte etwa Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament, am Freitag vor Journalisten in Wien. Harms will zwar nicht darüber spekulieren, welche Pläne der Syriza Chancen auf Zustimmung bei den internationalen Geldgebern hätten – ein Schuldenschnitt werde aber schwer durchzusetzen sein, meint sie.

Wichtig sei eine nachhaltige Erholung durch ein Investitionsprogramm – verbunden mit den nötigen Reformen in den Krisenländern. Junckers geplanter 315-Milliarden-Euro-Plan greife diese Idee zwar auf, so Harms. Allerdings müssten die damit finanzierten Projekte noch eine „europäische Linie“ bekommen: Die Prioritäten der Grünen liegen im Sozial- und Bildungssektor und der Neuorientierung des Energiesektors in den Schuldenstaaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

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