Altbekannte Probleme für den neuen ÖVP-Chef

OeVP-VORSTAND: MITTERLEHNER
OeVP-VORSTAND: MITTERLEHNER(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Obmannwechsel zu Reinhold Mitterlehner sorgt für Rückenwind. Doch in puncto Steuerreform ist die Partei weiterhin nicht auf einer Linie.

Wien. Eigentlich könnte sich die ÖVP mit ihrem neuen Obmann, Reinhold Mitterlehner, über Rückenwind freuen: Seit dem Rücktritt von Michael Spindelegger hat die Partei, die in den Umfragen schon unter 20Prozent gelegen war, kontinuierlich zugelegt. Sie liegt nun Kopf an Kopf mit SPÖ und FPÖ bei rund 23 Prozent. Das hat eindeutig mit Mitterlehner zu tun, der die Aufmerksamkeit, die er als neuer Obmann erhält, gut genutzt hat: Im aktuellen Vertrauensindex der Austria Presseagentur ist er diesmal der große Gewinner und liegt nun auf Platz drei hinter Bundespräsident Heinz Fischer und Außenminister Sebastian Kurz – weit vor Regierungschef Werner Faymann (siehe Grafik rechts). Mitterlehner kommt offensichtlich gut an.

Doch es wäre nicht die ÖVP, würde die gute Stimmungslage nicht durch interne Querschüsse gestört. Und wie schon bei Michael Spindelegger ist es das Thema Steuerreform, bei dem die von oben ausgegebene Linie – „keine neuen Steuern, keine neuen Schulden“ – torpediert wird. Ausgerechnet Klubchef Reinhold Lopatka, bekannt für seine Loyalität gegenüber dem jeweiligen Parteichef, schlug in einem Interview mit dem „Standard“ vor, man könne doch für eine Steuerreform vorübergehend auch höhere Schulden in Kauf nehmen. Dies sei schließlich auch bei der Steuerreform in der Ära Schüssel der Fall gewesen.

Nach dem Parteivorstand Freitagmittag rückte Mitterlehner zur Schadensbegrenzung aus: Anstatt mit dem „Evolutionsprozess“, mit dem sich die Volkspartei ein neues Programm geben will, sowie mit den Plänen für die Regierungsarbeit punkten zu können, musste der Parteichef den Vorschlag Lopatkas zurechtrücken. Dieser komme „zum jetzigen Zeitpunkt zu früh“. Das habe der Klubchef auch „selbst eingesehen“. Und nein, „zurückgepfiffen“ habe man Lopatka nicht, dementierte Mitterlehner das Offensichtliche. Zuvor hatten Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl und sein Generalsekretär Peter Haubner den Vorschlag kritisiert: Auf Basis neuer Schulden könne es keine Entlastungen geben.

Ebenfalls kontraproduktiv für den ÖVP-Chef sind Ausritte des Arbeitnehmerflügels in Richtung Vermögensteuern: Die Christgewerkschafter im Gewerkschaftsbund (ÖGB), die zwar formal „überparteilich“, personell aber eng mit dem ÖAAB verbunden sind, unterstützen offen das ÖGB-Steuerreformkonzept, das Einnahmen aus Vermögensteuern in Höhe von zwei Milliarden Euro vorsieht. Und auch im ÖAAB selbst wird die offizielle Linie, keine Vermögensteuern zu wollen, nicht von allen geteilt. Die Tiroler Organisation kritisierte offen das ÖAAB-Steuerreformmodell und unterstützte jenes der Gewerkschaft.

Nazi-Affäre rasch bereinigt

Rasch erledigt hat die ÖVP eine andere Affäre: Zwei Gemeinderäte aus dem Burgenland treten in einem Dokumentarfilm von Ulrich Seidl auf, wo sie in einem Keller voller nationalsozialistischer Devotionalien feiern. Die Funktionäre sind nach Bekanntwerden der Affäre zunächst als Gemeinderäte zurückgetreten und dann auch freiwillig aus der Partei ausgetreten.

Generalsekretär Gernot Blümel hatte bereits nach Bekanntwerden der Angelegenheit Donnerstagabend den Rücktritt der beiden gefordert, Landesparteichef Franz Steindl hatte Konsequenzen angekündigt. Vorbei ist die Affäre für die Betroffenen noch nicht: Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

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