Wiener SPÖ: Rot-Grün stand vor totalem Aus

Archivbild: Georg Niedermühlbichler
Archivbild: Georg NiedermühlbichlerAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Geschäftsordnungs-"Tricks" der Grünen hätten auch eine Neuauflage de facto unmöglich gemacht, sagt SP-Landesparteisekretär Niedermühlbichler.

Das war offenbar knapp: Rot-Grün stand in Wien in den vergangenen Tagen nicht nur an der Kippe. Hätten Grüne, FPÖ und ÖVP die gewünschte Änderung der Geschäftsordnung durchgebracht, wäre auch eine Neuauflage der Koalition "de facto" unmöglich gewesen. Das stellte der Landesparteisekretär der SPÖ, Georg Niedermühlbichler, am Montag gegenüber der Austria Presseagentur klar.

Die betreffende Änderung der Geschäftsordnung im Wiener Landtag sollte eine Novellierung des mehrheitsfördernden Wiener Wahlrechts ermöglichen - und zwar gegen den ausdrücklichen Willen der SPÖ. Letztendlich sorgte der Wechsel von Grün-Mandatar Senol Akkilic zur SPÖ am Freitag für klare Verhältnisse. Seither verfügen Grüne und Opposition gemeinsam über keine Mehrheit mehr im Stadtparlament.

Die Grünen sind zwar nachhaltig erbost, wollen die Koalition aber nicht aufkündigen, wie Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zuletzt betont hat. Allerdings beklagte sie, dass durch die Aktion der "Spirit von Rot-Grün" zu Grabe getragen worden sei. Das stimmt so nicht, konterte Niedermühlbichler am Montag. Dafür seien vielmehr die Grünen selbst verantwortlich.

"Mögliche Einigungen torpediert"

"Wir haben über viereinhalb Jahre gute Arbeit geleistet und uns bei diversen Themen in Verhandlungen zu Ergebnissen durchgerungen", zeigte sich der rote Parteisekretär überzeugt. Auch beim Wahlrecht habe man Angebote gemacht: "Die Grünen haben die immer abgelehnt." Man habe sogar vorgeschlagen, dass es künftig in den Ausschüssen keine Mehrheiten geben solle, die nicht auch im Landtag bzw. Gemeinderat vorhanden seien. Derzeit hat die SPÖ in Fachausschüssen eine absolute Mehrheit - die es im Plenum seit 2010 nicht mehr gibt.

Die Grünen hätten mögliche Einigungen durch den Gang an die Öffentlichkeit wiederholt torpediert, kritisierte der SP-Politiker. Zudem hätten sie bereits bald davon gesprochen, einen "Plan B" zu überlegen: "Sie wollten den Roten zeigen, wo der Hammer hängt." So etwas könne sich die SPÖ aber "nicht gefallen lassen".

Mit der geplante Änderung der Geschäftsordnung sei "in Wahrheit" die Verletzung des Spirits von Rot-Grün geschehen. Man habe dem Regierungspartner zuvor auch gesagt, was es bedeute, diesen "Trick gegen jede Vernunft" durchzubringen, berichtete Niedermühlbichler: "Wenn das so passiert wäre, wäre es fast unmöglich gewesen, Rot-Grün fortzusetzen." Der rote Parteimanager sprach von einem "Vertrauensbruch" gegenüber der Sozialdemokratie.

Eher nichts wäre es auch mit "Rot-Grün II" nach der Wahl im Herbst geworden: "Hätten die Grünen ihr Vabanque-Spiel mit der Änderung der Geschäftsordnung durchgebracht und die SPÖ damit massivst gedemütigt, wäre das fast unvorstellbar gewesen. Das muss man einfach so sagen." Erst durch den Wechsel von Akkilic (seit dem keine Beschlüsse gegen die SPÖ mehr möglich sind, Anm.) "wurde die Option offen gehalten, wieder mit den Grünen verhandeln zu können". Zusatz: "Das haben die Grünen offenbar nicht verstanden."

Mit Akkilic "zusätzliche Kompetenz gewonnen"

Dass Senol Akkilic die Seiten gewechselt hat, freue ihn auch aus inhaltlichen Gründen, versicherte Niedermühlbichler. Denn dieser sei ein ausgewiesener Integrationsexperte, der auch in den NGOs geschätzt werde. "Wir haben zusätzliche Kompetenz gewonnen", lobte der Landesparteisekretär den Wechsel. Mit den Grünen sei die Gesprächsbasis übrigens weiterhin aufrecht, beteuerte er. Auch mit dem Grünen Klubchef David Ellensohn habe er bereits wieder gesprochen: "Ich glaube, es ist wichtig, das Persönliche und Berufliche zu trennen", befand Niedermühlbichler.

(APA)

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