Rot-Grün: „Streit, wer den besseren Trick hat“

Archivbild: Politologe Peter Filzmaier
Archivbild: Politologe Peter FilzmaierClemens Frabry / Die Presse
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Der Konflikt zwischen SPÖ, Grünen und ÖVP geht in die nächste Runde. Wie sieht das ein neutraler Beobachter?

Wien. Es geht weiter rund zwischen SPÖ und Grünen – nachdem der grüne Abgeordnete Senol Akkilic kurz vor der Landtagssitzung am Freitag zur SPÖ übergelaufen ist, die so ein neues Wahlrecht für Wien verhindern konnte. Die Grünen sprachen von einem „schweren Foul“, die SPÖ von grünen „Tricksereien“: Eingriffe in die Geschäftsordnung (mit denen die Grünen das Wahlrecht durchsetzen wollten) sind laut SPÖ immer nur im Konsens mit allen Parteien nach intensiver Beratung beschlossen worden.

Nun kontern ÖVP und Grüne, das SPÖ-Argument sei falsch. Vor etwa 14 Jahren sei die Geschäftsordnung nicht einstimmig geändert worden, bestätigt SPÖ-Vizeklubchef Kurt Stürzenbecher: Damals (als die SPÖ eine absolute Mehrheit hatte, Anm.) habe es aber „ausführliche Beratungen im Vorfeld und einen breiten Konsens“ gegeben - woraufhin vier Fünftel der Mandatare zugestimmt hätten. Am Freitag dagegen sei versucht worden, überfallsartig, ohne Diskussion mit minimaler Mehrheit schwerwiegende Änderungen der Geschäftsordnung durchzuziehen; gegen den erbitterten Widerstand von fast der Hälfte der Mandatare, so Stürzenbecher.

Filzmaier: „Koalition, die keine mehr ist“

Die ÖVP bestätigt indirekt: 2001 seien alle Parteien eingebunden worden, es hätten Vorgespräche und eine breite Mehrheit gegeben. In einem Detail hätten die Grünen, in einem anderen die FPÖ nicht zugestimmt – weil beide grundsätzlich für die Änderungen waren, diese ihnen aber offenbar nicht weit genug gingen, heißt es.

Wie sieht das ein neutraler Beobachter? Die Aktion der Grünen sei ebenso ein Grund für ein Koalitionsende gewesen wie die Aktion der SPÖ, so Politologe Peter Filzmaier: „Hier ging es nur mehr darum, wem der bessere Trick gelungen ist.“ Ein zentraler Punkt wie das Wahlrecht hätte niemals im koalitionsfreien Raum landen dürfen, so Filzmaier. Und jetzt? „Eine Koalition, die keine mehr ist, hat beschlossen weiter zu machen.“

(stu)

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