Lehrerprotest überschattet Parteitag

PK 70. JAHRESTAG DER WIEDERGRUeNDUNG DER SPOe
PK 70. JAHRESTAG DER WIEDERGRUeNDUNG DER SPOe(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Der Start in den Wahlkampf ist für die Wiener SPÖ schwierig wie nie zuvor. Die Lage der Partei ist alles andere als rosig, Häupls Lehrer-Sager verschärft die Situation.

Wien. Der Parteitag der mächtigsten SPÖ-Landesorganisation am heutigen Samstag sollte im Zeichen der Wien-Wahl stehen, die am 11. Oktober über die Bühne geht. Die Betonung liegt auf „sollte“. Denn das Hauptthema sind nicht rote Themen, mit denen die SPÖ in den Wahlkampf ziehen wird. Auch nicht die Abgrenzung zum grünen Koalitionspartner. Vielmehr überschatten Lehrerproteste den Parteitag.

Nachdem der Wiener SPÖ-Vorsitzende zu den Arbeitszeiten von Lehrern gemeint hatte, „wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig“, verweigern die roten Lehrer ihrem Parteichef nun die Gefolgschaft. Der Zentralverein der Wiener LehrerInnen wird am 1. Mai nicht mit der SPÖ marschieren – erstmals in der hundertjährigen Geschichte des Vereins. Man sei „schockiert“ über die „diffamierenden Äußerungen“ Häupls und habe ein „Zeichen der Entrüstung“ setzen müssen, wurde erklärt.

Für Häupl ist diese Angelegenheit mehrfach unangenehm. Bisher hat es niemand in der Partei (vor allem in der Wiener SPÖ) gewagt, den mächtigen Vorsitzenden öffentlich infrage zu stellen. Die heftige Kritik der roten Lehrergewerkschafter und anderer Parteikollegen ist eine Premiere für den mindestens zweitmächtigsten Mann der heimischen Sozialdemokratie. Dazu stören die Proteste der Lehrer massiv die Regie des Parteitages. Immerhin muss sich Häupl der Wiederwahl als Parteichef stellen.

Schwierige Ausgangslage

Zwar schließen sich die Reihen vor einem Wahlkampf. Nur: Wie viele Gewerkschafter, Lehrer bzw. Lehrersympathisanten ihren Chef bei der Wahl zum Vorsitzenden heute streichen werden, ist bei der enormen Empörung nicht absehbar (2010 bekam Häupl 92,7 Prozent). Im (für die SPÖ) schlimmsten Fall wird der Start in den Wahlkampf zum Fehlstart. Wobei die Situation für die Wiener SPÖ sowieso schon schwierig ist wie selten zuvor.

Derzeit rangiert die SPÖ in Umfragen zwischen 36 und 38 Prozent, also sechs bis acht Prozentpunkte unter dem Ergebnis von 2010. Häupl droht bei seiner letzten Wahl das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte der Wiener SPÖ. Dazu kommen rot-grüne Querelen. Das schadet dem SPÖ-Image, auch bei grün-affinen SPÖ-Wählern. Parteiintern dagegen hilft es Häupl. Immerhin besänftigt er jene Teile, die laut murren, dass die Grünen die SPÖ vorführen würden. Dazu kommt: Die Grünen haben mit ihren Projekten die Themenführerschaft in der Koalition übernommen (Mariahilfer Straße, 365-Euro-Jahreskarte). Die SPÖ dagegen kann kein Projekt vorweisen, das derart in der Öffentlichkeit steht.

Das Fazit? Die Situation der SPÖ ist schwierig, in vielen Teilen gibt es Unzufriedenheit und Spannungen. Am Parteitag wird sich zeigen, wie groß diese sind, und ob der roten Basis Geschlossenheit weiterhin über alles geht. Oder ob Michael Häupl beschädigt in seine letzte Wahl geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2015)

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