Oberösterreich: Kommt die schwarz-blaue Wende?

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LANDTAGSWAHL IN OBER�STERREICH: FERNSEHEINSTIEG(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Umfrage sieht die FPÖ vor der Landtagswahl weiter im Vormarsch. Die ÖVP warnt vor reiner Protestwahl, die Grünen warnen vor dem Schielen auf Blau.

Linz. Für den grünen Spitzenkandidaten Rudi Anschober steht eines knapp vier Wochen vor der oberösterreichischen Landtagswahl am 27.September schon fest: Es sei der intensivste Wahlkampf seiner Landespartei überhaupt. 50.000 der knapp 1,1 Millionen Wahlberechtigten im Land ob der Enns wollen die Grünen direkt kontaktieren. Das hat einen Grund: Nach zwölf Jahren schwarz-grüner Koalition in Oberösterreich befürchtet der Umweltlandesrat, dass die ÖVP mit Landeshauptmann Josef Pühringer den Koalitionspartner nach der Wahl wechseln und mit der FPÖ gemeinsame Sache machen könnte. Auf diese Richtungsentscheidung machten die Grünen am Dienstag bei der Enthüllung eines Riesenplakats in Linz aufmerksam.

Die ÖVP, die nach allen Umfragen am 27.September zwar mit deutlichen Einbußen – nach knapp 47 Prozent bei der Wahl 2009 – rechnen muss, aber klar stärkste Partei bleiben wird, will von einer Festlegung auf Schwarz-Blau nichts wissen. Faktum ist aber, dass sich Pühringer, der mit der schwarz-blauen Regierung auf Bundesebene unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ab 2000 keine Freude hatte, alle Optionen offen hält und Schwarz-Blau ausdrücklich nicht ausschließt. Die Grünen orten vor allem in Kreisen der Industrie und der Wirtschaft den Wunsch nach Schwarz-Blau. Genährt wird dies durch den Umstand, dass FPÖ-Landesparteiobmann Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner stets um gute Kontakte zur Wirtschaft bemüht war und ist.

Die von Anschober seit Wochen vehement vorgetragene Warnung vor der FPÖ und der Sorge, dass Oberösterreich „in blaue Hände fallen“ könnte, existiert auch in der ÖVP-Landesparteizentrale im Linzer Gleißner-Haus. Allerdings unter anderen Vorzeichen. ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer warnt beinahe jeden Tag immer eindringlicher davor, dass die Landtagswahl vor allem wegen des Asylthemas zu einer reinen Protestwahl gegen die rot-schwarze Bundesregierung wird, von der praktisch ausschließlich die FPÖ profitiert.

FPÖ legt auf 28 Prozent zu

Nicht zufällig wartete Hattmannsdorfer nun mit einer aktuellen Umfrage (M&R Institut, 500 Befragte, zwischen 19. und 21.August) auf. Nach dieser legt die FPÖ auf 28 Prozent zu, während andere Umfragen die Freiheitlichen bei 24 bis 25 Prozent sahen nach 15,3Prozent bei der Landtagswahl 2009. Die ÖVP würde mit 39 Prozent fast acht Prozentpunkte verlieren. Die SPÖ käme auf 20 Prozent (minus fünf Prozentpunkte), die Grünen auf zehn Prozent, was nur ein minimaler Zuwachs wäre und deutlich unter ihrem Wahlziel von zwölf bis 13 Prozent. Die Neos würden mit drei Prozent den Einzug in den Landtag verpassen.

Die Schlussfolgerung, die Pühringers Strategen daraus ziehen: Der Kampf um Platz zwei zwischen Rot und Blau ist schon jetzt zugunsten der FPÖ entschieden, weil die SPÖ weit hinter die Blauen auf Platz drei abrutscht. Die SPÖ räumt zwar ein, dass man in Umfragen hinter den Freiheitlichen rangiert, hofft aber, den Rückstand im Wahlkampffinale noch wettmachen zu können. Die Landes-ÖVP warnt nun fast gleichlautend wie die SPÖ mit Spitzenkandidat Reinhold Entholzer, die FPÖ habe „keine Lösungen“. Die Schwarzen wollen auch bei ihrem Wahlauftakt morgen, Donnerstag, auf dem Welser Messegelände mit Vizekanzler und Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner den Oberösterreichern vor Augen führen, dass nur ein starker ÖVP-Landeshauptmann namens Pühringer eine sichere Entwicklung nach der Wahl garantiere.

Für die FPÖ handelt es sich beim Offenhalten der Koalitionsoptionen und dem Umstand, dass auch die ÖVP betont auf einen „Heimat“-Wahlkampf setzt, lediglich um Wahltaktik. Beim FPÖ-Wahlauftakt am vergangenen Samstag mit FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache spöttelte Haimbuchner darüber so: „Vor den Wahlen wird mit dem Trachtenjanker ein bisschen rechts geblinkt, und nach der Wahl wird mit den Grünen links abgebogen.“

Anschober prangert an, der FPÖ gehe es in der Asylpolitik lediglich darum, die Gesellschaft zu spalten: „Und das soll eine Koalitionsoption für die ÖVP sein?“ Der grüne Spitzenkandidat ruft daher den 27.September zur Richtungsentscheidung aus – nämlich „zwischen der Fortsetzung des schwarz-grünen Erfolgskurses und einer schwarz-blauen Wende“. Nur wenn die Grünen stark zulegten, habe die FPÖ keine Chance. Die SPÖ, die Pühringer 2003 aus einer Koalition verbannt hat, spielt in diesem Szenario kaum eine Rolle. Entholzer würde gern Regierungsverantwortung übernehmen, die ÖVP ist wegen der Unzufriedenheit mit Rot-Schwarz im Bund äußerst reserviert, die Grünen erwarten, dass die SPÖ nach einer Wahlschlappe vor allem mit sich selbst beschäftigt sein wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2015)

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