Der Kärntner Poker um Milliarden

General view of the headquarters of defunct Austrian lender Hypo Alpe Adria  in Klagenfurt
General view of the headquarters of defunct Austrian lender Hypo Alpe Adria in Klagenfurt(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Das Land verhandelt mit den Gläubigern, um die Haftungen für die Hypo Alpe Adria loszuwerden. Wie das ausgeht, kann noch niemand abschätzen.

Wien. Finanzminister Hans Jörg Schelling hätte gern, dass das Land Kärnten die Hypo-Anleihen zurückkauft, um das Problem mit den zehn Milliarden Euro Landeshaftungen loszuwerden. Finanzlandesrätin Gaby Schaunig reagierte auf den Vorstoß des Ministers, geäußert beim Forum Alpbach, sichtlich reserviert. Nicht zum ersten Mal herrscht Uneinigkeit zwischen Kärnten und Wien, wie man mit dem Problem Hypo umgehen soll.

Der Wunsch des Ministers ist verständlich: Würde es gelingen, die Hypo-Anleihen um rund sechs Milliarden Euro zurückzukaufen, zu dem Wert also, zu dem sie derzeit am Markt gehandelt werden, wäre er mit einem Schlag ein Problem los, das wie ein Damoklesschwert nicht nur über Kärnten, sondern auch über seinem Budget schwebt.

Im Moment setzt Kärnten aber auf eine andere Strategie: Das Land will mit den Gläubigern über eine Ablöse für die Haftungen verhandeln. Das Zahlungsmoratorium der Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta soll genutzt werden, eine außergerichtliche Einigung zustande zu bringen.

Der Verhandlungsprozess ist schon angelaufen, befindet sich derzeit aber noch im Stadium eines vorsichtigen Abtastens. In Wirklichkeit weiß das Land derzeit nicht einmal, mit wem es überhaupt verhandelt. Gemeldet haben sich Rechtsvertreter, die angeben, ein Mandat für zwei Drittel der Hypo-Anleihen zu haben. Wen genau sie vertreten, verraten sie nicht.

Die Strategie des Landes lautet: Den Gläubigern klarmachen, dass sie mit Sicherheit nicht alles bekommen können. Denn das würde das Land in den Konkurs führen. Und diese Variante wäre für beide Seiten die schlechteste Lösung. Für die Gläubiger, weil sie erst nach jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzungen auf das Vermögen des Landes zugreifen könnten. Und weil dieses Vermögen bei Weitem nicht ausreicht, die Haftungen zu bedienen. Für das Land, weil es sich vermutlich nicht mit einem Schlag entschulden könnte. Die Forderungen der Gläubiger könnten dann noch über Jahre das Budget belasten. Auch der Bund wäre Verlierer eines Konkurses: Jene Kredite, die über den Bund aufgenommen wurden, könnten dann auch nicht mehr bedient werden.

Abschlagszahlung beste Lösung

Man will also die Gläubiger überzeugen, dass eine Abschlagszahlung für beide Seiten die bessere Lösung wäre. Und diese soll sich daran orientieren, was an verwertbarem Vermögen des Landes da ist. Darum geht es derzeit in den Verhandlungen. Manch ausländischer Gläubigervertreter ist da mit etwas unrealistischen Forderungen an die Sache herangegangen: So wurde verlangt, den Wörthersee in die Masse einzubringen. Aber der gehört natürlich gar nicht dem Land. In Wirklichkeit ist das Landesvermögen überschaubar: Größter Brocken ist der Zukunftsfonds mit 500 Millionen Euro. Umstritten sind die Anteile am Energieversorger Kelag. Das Land verweist darauf, dass diese laut Gesetz im Besitz der öffentlichen Hand bleiben müssen. Doch damit werden sich die Gläubiger wohl nicht abspeisen lassen.

Der Rest sind Peanuts: einige kleinere Immobilien, die Landesimmobiliengesellschaft, die aber mit Krediten belastet ist, einige Beteiligungen, die kaum etwas abwerfen. Keinen Zugriff haben die Gläubiger auf das, was unter „Daseinsvorsorge“ läuft: Schulen, Spitäler oder Kindergärten sind gesetzlich geschützt. Und mit den Landesstraßen wird kein Investor etwas anfangen können.

Sprich: Rund eine Milliarde Euro könnte Kärnten aufbringen, mit Unterstützung des Bundes vielleicht ein bisschen mehr. Nicht zufällig weist Landeshauptmann Peter Kaiser in letzter Zeit immer wieder darauf hin, dass auch der Bund einen Anteil am Milliardendesaster hat, den man sich wohl monetär abgelten lassen will. Dazu kämen noch rund fünf Milliarden, die die Heta aus ihren Vermögenswerten erlöst. Ob die Investoren damit zufrieden wären oder die Chance sehen, über den Rechtsweg mehr zu holen, lässt sich heute schwer abschätzen. Auch sie beherrschen die Regeln des Pokerspiels und lassen sich nicht in die Karten schauen.

Ein beträchtliches Restrisiko verbleibt Kärnten freilich auch nach einer Einigung. Denn die gilt natürlich nur für jene Gläubiger, die sich freiwillig dazu verpflichten. Die anderen können auf die Haftungen des Landes pochen und eine volle Abgeltung verlangen. Und niemand weiß, ob sich nicht schon Hedgefonds in der Hoffnung auf eine fette Rendite eingekauft haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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