EU will Flüchtlingslager in Türkei mitfinanzieren

Ankunft auf Lesbos. Die Meerenge zwischen der Türkei und den griechischen Inseln ist für viele Flüchtlinge der Weg nach Europa.
Ankunft auf Lesbos. Die Meerenge zwischen der Türkei und den griechischen Inseln ist für viele Flüchtlinge der Weg nach Europa.(c) REUTERS
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Medien berichten von einer Einigung über gemeinsame Patrouillen von Türkei und Griechenland in der Ägäis. Die Spitzenpolitik muss den Plan noch abnicken.

Es ist der Eintritt nach Europa, die Ägäis - doch kein ungefährlicher. Die griechische Küstenwache hat die Leiche eines Kleinkindes an einem beliebten Strand der Touristeninsel Kos entdeckt. Es wird vermutet, dass das Kind nach dem Kentern eines Flüchtlingsbootes ums Leben kam. Die EU und die Türkei dürften in ihren Verhandlungen über den Umgang mit den Flüchtlingen aber konkret geworden sein. Europäische Union und die Türkei wollen stärker zusammenarbeiten. Ein gemeinsamer Plan liege bereits auf dem Tisch, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) unter Berufung auf Quellen in EU-Kommission und der deutschen Regierung. Demnach soll die Türkei sich verpflichten, die Grenze zu Griechenland besser zu sichern.

Gleichzeitig will die EU Flüchtlingslager für bis zu zwei Millionen Menschen in der Türkei mitfinanzieren. Viele syrische Bürgerkriegsflüchtlinge gelangen über die Türkei nach Europa. Der Plan bildet demnach die Grundlage der Gespräche von EU-Spitzenpolitikern mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an diesem Montag in Brüssel. Wenn sich beide Seiten darauf politisch verpflichteten, solle er bis zum nächsten EU-Gipfeltreffen Mitte Oktober ausgearbeitet und dann schnellstmöglich umgesetzt werden, schreibt die "FAS".

EU soll Teil der Flüchtlinge aufnehmen

Gemeinsame Patrouillen der türkischen und der griechischen Küstenwache sollen dem Bericht zufolge gegen Schleuser vorgehen und alle Flüchtlinge in die Türkei zurückführen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex würde koordinieren. In der Türkei sollten sechs neue Flüchtlingslager entstehen. Die EU-Staaten würden sich gemäß dem Vorhaben verpflichten, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Die Außenminister Athens und Ankaras haben bereits eine engere Kooperation in der Flüchtlingskrise vereinbart, wie das griechische Außenministerium am Freitag mitteilte.

Doch das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und der Türkei ist nicht ungetrübt, in vielen Punkten gibt es Streit. So fordert die Türkei die versprochene Visa-Liberalisierung schneller ein, allerdings erfüllt das Land nach Ansicht der EU-Kommission noch nicht die Voraussetzungen dafür.

Sicherer Herkunftsstaat?

Die EU-Staaten wollen Flüchtlinge aus Drittländern ohne Bleiberecht in die Türkei zurückschicken können. Dafür könnte etwa das Rückführungsabkommen mit der Türkei vorgezogen werden. Umstritten ist zwischen den EU-Staaten noch, ob die Türkei auf die geplante EU-Liste von sicheren Herkunftsstaaten gesetzt werden soll, in die man Migranten zurückschicken kann. Über diese Liste beraten die EU-Innenminister am 8. Oktober.

Befürworter wie EU-Parlamentspräsident Martin Schulz argumentieren dagegen: "Grundsätzlich ist es so, dass ein Land, das ein Beitrittskandidat zur Europäischen Union ist, ein sichereres Drittland sein muss." Er kündigte aber an, auch über die Pressefreiheit und die Lage in der Türkei mit Erdogan zu reden.

Zwei Millionen Syrer in der Türkei

Bei den Gesprächen in Brüssel wird es auch ums Geld gehen. Die EU will die Türkei, die besonders viele Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen hat, finanziell unterstützen. Der EU-Gipfel hat in der vergangenen Woche beschlossen, dass die Türkei bis zum nächsten Jahr eine Milliarde Euro für die Flüchtlingslager bekommen soll.

Kein Land hat mehr Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen als die Türkei. Es fanden mehr als zwei Millionen Syrer und auch 200.000 Iraker in der Türkei Zuflucht. Anfang der Woche hatte die Internationale Organisation für Migration (IOM) bekannt gegeben, seit Jahresbeginn seien etwa 388.000 Migranten nach Griechenland gekommen. In ihrer Mehrheit stammen sie aus Syrien und kamen über der Türkei zu den griechischen Ägäis-Inseln. Fast alle reisten weiter nach Westeuropa.

Faymann auf Lesbos

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) reist am Dienstag in die Region. Er wird auf der Insel Lesbos seinen Amtskollegen Alexis Tsipras treffen. Dort, wo eines der Registrierungszentren für Flüchtlinge, sogenannte Hotspots, entstehen soll, wird sich Faymann ein Bild von den Bedingungen machen, teilte seine Sprecherin Susanna Enk am Sonntag mit. Österreich hat 100 Experten für Hotspots in Griechenland zugesagt.

m Rahmen des Besuches werde besprochen, welche finanzielle und personelle Unterstützung Griechenland für die Hotspots benötigt. Beim EU-Gipfel, der am 15. und 16. Oktober in Brüssel stattfinden wird, sollen die Maßnahmen und der weitere Fahrplan dann besprochen und bereits erste Schritte eingeleitet werden. "Denn die Zeit drängt: Bis Ende November sollen die Hotspots starten und die ersten bereits zum Jahresende voll funktionsfähig sein", hieß es aus dem Bundeskanzleramt.

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(APA/dpa)

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