„Sicher nicht“: ÖVP gegen Bildungspflicht für Asylwerber

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für den Beschluss der Ausbildungspflicht braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Die Grünen stellen Forderungen. Die ÖVP lehnt ab.

Wien. Die Ausbildungspflicht für Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren ist seit drei Wochen beschlossene Sache. SPÖ und ÖVP haben sich darauf geeinigt. Diskutiert wird dennoch weiter. Denn das Gesetz muss mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Der wahrscheinlichste Partner für einen solchen Beschluss, die Grünen, hat schon in der Vorwoche eine Bedingung gestellt: Die Ausbildungspflicht soll auch für Asylwerber gelten („Die Presse“ berichtete). Dagegen sträubt sich nun aber die ÖVP.

Für ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger kommt dies nicht infrage. Die ÖVP werde das „sicher nicht umsetzen“, weil man „keine falschen Signale“ aussenden möchte, sagt der geschäftsführende ÖAAB-Obmann. Man dürfe nicht die falsche Erwartungshaltung schüren, dass es einen Ausbildungsplatz gebe, sobald man in Österreich sei. Diese Erwartung könne man nicht erfüllen, schließlich bestehe auch die Gefahr eines negativen Asylbescheids. Außerdem müsse zuerst die deutsche Sprache erlernt werden, damit ein Ausbildungsplatz Sinn habe.

SPÖ: „An uns würde es nicht scheitern“

Die Grünen können der ÖVP-Argumentation, man dürfe keine falschen Erwartungen schüren, nichts abgewinnen. Minderjährige (oft unbegleitete) Asylweber würden ohnehin meist als Flüchtlinge anerkannt werden. Die jugendlichen Asylwerber nicht in die Ausbildungspflicht miteinzubeziehen hieße, dass „junge Asylwerber in einer entscheidenden Phase ihres Lebens dasitzen müssen und nichts tun dürfen. Dann werden sie anerkannt und können nichts“, so die grüne Arbeitnehmersprecherin, Birgit Schatz, erst kürzlich in der „Presse“.

Die SPÖ sieht das ähnlich. Die Sozialdemokraten würden sehr wohl Zugeständnisse machen. Aus dem Büro von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hieß es: „An uns würde das nicht scheitern.“ Auch der Sozialminister trete dafür ein, dass Flüchtlingskinder in die Ausbildungspflicht einbezogen werden. Dagegen sei die ÖVP, man sei aber zuversichtlich, eine Einigung mit den Grünen zu erzielen.

Schnellere Asylverfahren für Junge?

Diese ist trotz des Vetos der Volkspartei nicht unwahrscheinlich. Die Grünen halten das Gesetz zur Ausbildungspflicht bis 18 nämlich grundsätzlich für gut und würden den Beschluss des Gesetzes trotz Nichtmiteinbeziehung der Asylwerber wohl nur ungern scheitern sehen. Die ÖVP stellte gestern, Mittwoch, bereits ein mögliches Kompromissangebot an die Grünen in Aussicht. Wöginger kann sich vorstellen, dass einerseits ausreichend Deutschkurse für Asylwerber angeboten werden. Andererseits könnte man versuchen, die Asylverfahren von Jugendlichen schneller abzuwickeln. Allerdings müsse er erst mit dem Innenministerium klären, inwieweit das möglich sei, schränkte Wöginger ein.

Die grüne Arbeitnehmersprecherin, Schatz, zeigte sich dafür offen. Sie hoffe sehr auf einen Kompromiss und stehe jederzeit für Gespräche bereit. Sie wolle eine Garantie, dass jedes Flüchtlingskind die Möglichkeit bekomme, Deutsch zu lernen. Auch sie sei dafür, die Verfahren möglichst kurz zu halten, allerdings habe die Praxis bisher gezeigt, dass dies generell nicht wirklich funktioniere. Schatz sieht nicht nur die Regierung, sondern auch die ÖVP selbst in der Frage der Miteinbeziehung der Asylwerber gespalten. Wirtschaft und Industrie würden die grüne Forderung nämlich unterstützen. (APA/j. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2016)

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