Bayern mag bei Gericht nichts verschleiern

(c) Clemens Fabry
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Eine Muslimin hatte sich im März vor dem Amtsgericht München strikt geweigert, ihren Gesichtsschleier abzunehmen.

Ihre Zeugenaussage ließ sie der Richter in kompletter Verhüllung machen, nur ihre Augen waren durch einen Spalt zu sehen. In der Berufungsverhandlung legte die Zeugin den Schleier kurz ab, sodass der Richter ihr Gesicht sehen konnte. Dem Publikum blieb es verborgen. Diese Begebenheit veranlasste die bayrische Staatsregierung, aktiv zu werden. Sie erarbeitete eine Bundesinitiative, wonach es künftig bundesweit ein Verbot von Gesichtsschleiern vor Gerichten geben soll.

Es gehe ihm dabei um kein generelles Burka-Verbot, betonte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU), sondern ausschließlich um die ordentliche Durchführung eines Gerichtsverfahrens. Justizminister Winfried Bausback (CSU) sieht das genauso: „Denn es kommt nicht nur darauf an, was ein Zeuge sagt, sondern auch, wie er es sagt. Wird der Zeuge rot im Gesicht? Zuckt er bei einer Frage zusammen? Hat er Schweißperlen auf der Stirn? All das kann wichtig sein, um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu beurteilen.“

Kleidungsvorschriften für Zeugen gibt es an deutschen Gerichten bisher nicht. Der Richter entscheidet, wie er im Einzelfall vorgeht. Und auch in Österreich gibt es keine Regelungen. In einem Fall, in dem sich allerdings zwei Angeklagte weigerten, ihren Gesichtsschleier abzunehmen, judizierte der Oberste Gerichtshof, dass Angeklagte sehr wohl unverhüllt zu erscheinen hätten. Eine Weigerung komme einer Provokation des Gerichts gleich. Zu dem Erscheinungsbild von Zeugen gibt es jedoch noch keine Judikatur.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2016)

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