Messie müllt Mietwohnung mit Mobiliar zu: Gekündigt

(c) FABRY Clemens
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Selbst wenn ein Krankheitsbild vorliege, wiege die Gefahr von Brand und Ungeziefer schwerer, sagt der OGH: Der Mieter muss gehen.

Wien. Bis zuletzt hatte der Mann darum gekämpft, in der Wohnung bleiben zu können, in der er seit dem Jahr 1959 lebte. Ja, er leide am Messie-Syndrom, hatte der Mieter eingestanden. Ja, es befinde sich eine beträchtliche Menge an Gegenständen in seiner Wohnung. Aber es sei nichts Verderbliches dabei, es gehe daher auch keine Geruchsbelästigung von der Wohnung aus. Zudem sei er schon in einer Messie-Selbsthilfegruppe.

Von Vermieterseite klang der Sachverhalt freilich schon etwas anders: Nicht nur, dass die Räume mit Büchern, Kleidern und Elektrogeräten „zugemüllt“ seien. Auch ein extrem unangenehmer Geruch dringe von der Wohnung bis ins Stiegenhaus. Und der Mann selbst agiere dann auch noch rücksichtslos und anstößig gegenüber anderen Mietern.

Das Bezirksgericht Favoriten bejahte die Aufkündigung des Mietvertrags: Der Mann habe die Gefahr eines Brandes oder der Einnistung von Ungeziefer geschaffen. So waren die Lüftungsschlitze der Elektrogeräte mit Büchern, Prospekten und Wäsche abgedeckt. Auch die Substanz der Wohnung drohe beschädigt zu werden, weil der Raum mit Zeitungen, Gerümpel und Kartonagen vollgefüllt war. Und all das seit mehreren Jahren.

Wohnung korrekt bezeichnet?

Doch in zweiter Instanz bekam der Messie recht: Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen befand nämlich, dass in der Aufkündigung nicht erwähnt worden sei, um welche Wohnung es gehe. Auch während des Verfahrens sei keine Klarstellung erfolgt.

Eine Meinung, die der Oberste Gerichtshof (OGH) nicht nachvollziehen konnte. Es sei ja immer allen klar gewesen, um welche Wohnung es gehe. Der Mann habe auch nie behauptet, dass er nicht wisse, welche Immobilie gemeint sei. Zudem sei in der Aufkündigung die Wohnadresse des Mieters angeführt gewesen. Auch eine Unterschriftenliste war angeschlossen, in der die genaue Wohnung und der Hauptmieter bezeichnet werden. Und schließlich habe das Erstgericht im Urteil noch präzisiert, um welche Wohnung es gehe, samt Adresse, Hausnummer und Stockwerk. Und es reiche für eine Aufkündigung völlig, wenn ein Gericht diese Präzisierung vornimmt, betonten die Höchstrichter.

Einsicht des Mieters irrelevant

Blieb die Frage, ob der Messie auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs gehen muss. Und bei dieser Prüfung komme es gar nicht darauf an, ob der Mann subjektiv erkennen musste, dass sein Verhalten schädlich sei, betonte der OGH. Wobei sich der Mann des Problems sogar bewusst zu sein scheine, weil er selbst vor Gericht das Messie-Syndrom eingestand und auf eine Selbsthilfegruppe verwies.

Jedenfalls aber, so die Höchstrichter, müsse der Messie wegen des „erheblich nachteiligen Gebrauchs“ der Wohnung ausziehen. Der Kündigungsgrund sei verwirklicht, selbst wenn man – wie vom Mann gefordert – hier eine Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter vornehmen würde. Denn auch wenn jemand unter psychischen Problemen leide oder sogar ein Krankheitsbild vorliege, könne dies nicht aufwiegen, dass der Messie eine erhebliche Brand- und Ungeziefergefahr auslöst. Zu unhygienisch sei in diesem Fall der Zustand der Wohnung, betonte der OGH (8 Ob 67/14g).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2014)

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