Bleibt der Telekom-Regulator hinter seinen Aufgaben zurück?

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Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen und die Regulierung des Wettbewerbs könnten energischer angegangen werden.

Wien. Wolfgang Feiel, der Leiter der Rechtsabteilung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, hat letzte Woche dargelegt, dass er daran festhält, dass Telefonanbieter Verträge einseitig abändern können. Diese Ansicht geht auf die fragwürdige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 50/00g zum Vorgänger des aktuellen Telekommunikationsgesetzes zurück und ist offensichtlich weder durch die Kritik des Wettbewerbssenates im OGH noch durch jene in der Fachliteratur zu erschüttern.

Ihr Schädigungspotenzial für den Kunden entfaltet diese Ansicht insbesondere dadurch, dass die Regulierungsbehörde ihren Aufgaben in zwei anderen Bereichen nicht hinreichend nachkommt. Sie hat im Sinne des Kundenschutzes sämtliche Geschäftsbedingungen (AGB, nicht jedoch die nominellen Entgelte) zu prüfen. Benachteiligenden AGB (§864a, §879 ABGB)muss die Telekom Control Kommission (TCK) widersprechen.

Aktuell dürfte sie weder bei der einseitigen Einführung von grundgebührenerhöhenden Pauschalen, noch bei Verschlechterungen der Abrechnungstaktung, noch bei Inflationsanpassungen trotz regelmäßig sinkender Kosten, noch bei der Zustellung von Mitteilungen per E-Mail statt Post eine Benachteiligung der Kunden erkennen. Andernfalls hätte sie derartige Klauseln nämlich zu untersagen gehabt.

OGH greift korrigierend ein

Mit schöner Regelmäßigkeit hat immerhin der OGH – naturgemäß zeitlich versetzt – nach Musterverfahren von Verbraucherschützern rechtswidrige Vertragsbestandteile aufgehoben, die die TCK im Rahmen ihrer präventiven Klauselkontrolle „übersehen“ hatte.

Gerade im intensiver regulierten Festnetz wurden viele Tarife nur mit „Sicherheitsaufschlägen“ erlaubt, um Wettbewerber durch hohe Preise zu Lasten der Kunden zu schützen. Selbst irreführende Angebote wurden ausdrücklich genehmigt, um Mehrerträge zu ermöglichen.

Es besteht daher zweifellos noch gewisser Lernbedarf bei der behördlichen AGB-Prüfung, um die gebotenen Interessen der Kunden tatsächlich zu schützen.

Nicht anders sieht es in der sektorspezifischen Wettbewerbsregulierung aus. Hier hat die TCK bereits Maßnahmen zu verfügen, wenn ein Anbieter allein oder gemeinsam mit anderen „eine wirtschaftlich so starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von [...] Kunden [...] zu verhalten“ (§35 TKG). Gleiches gilt, wenn der Markt „Anreize für eine Verhaltenskoordinierung aufweist“. Die Regeln greifen – anders als das Kartellrecht – bereits aufgrund der Missbrauchsneigung, ohne dass noch ein Missbrauch erfolgen müsste. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen ist auf dem aktuellen Mobilfunkmarkt kaum mehr von der Hand zu weisen.

Tarifobergrenzen möglich

Trotz ihrer Verpflichtung, regulierend einzugreifen, hat die TCK weiterhin keine Maßnahmen nach dem TKG gesetzt. Eine Maßnahme wäre die Neutralisierung des Missbrauchspotenzials durch Tarifobergrenzen für Endkunden. Das Warten auf potenzielle neue Wettbewerber ist gerade im Mobilfunk, wo es nur eingeschränkte Frequenzen gibt, keine Alternative.

Interessant ist auch, dass die Regulierungsbehörde die Prüfung des Mobilfunksektors eher den Kartellbehörden überlassen möchte, obwohl sie selbst über intensive Marktkenntnis verfügt und weit umfangreichere Eingriffskompetenzen hat. Mit jedem Tag passiver Beobachtung freut sich das Oligopol der drei Mobilfunkanbieter über zusätzliches Geld der Kunden.

Bei der Regulierungsbehörde besteht offensichtliches Optimierungspotenzial hinsichtlich der objektiven und unabhängigen Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben. Ein Wandel der Regulierungspraxis weg vom Schutz der Anbieter und hin zum Schutz der Kunden ist längst geboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2014)

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