Informelles Schreiben und Ja zum Test machen keinen Vater

(c) BilderBox - Erwin Wodicka
  • Drucken

Mann signalisierte erst, sich zum Kind zu bekennen, dann "versteckte" er sich in der Türkei. Er galt nicht als Unterhaltsschuldner.

Wien. Hat ein Mann schon ausreichend zu erkennen gegeben, dass er eine Vaterschaft anerkennt oder nicht? Um diese Frage drehte sich ein Prozess, in dem geklärt werden musste, inwieweit der Staat Unterhaltsvorschuss für ein Kind zu leisten hat.

Der Mann hatte schon drei Monate vor der Geburt ein eigenhändiges Schreiben verfasst, laut dem er der Vater des unehelichen Kindes ist. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg trug die Vaterschaft aber nicht ins Geburtenbuch ein, da es sich bei dem Schreiben nicht um eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde handelte. Vor Gericht begehrte nun die Jugendwohlfahrt, dass die Vaterschaft des Mannes festgestellt werde. Da dieser in der Türkei lebt, wurde die Aufforderung im Rechtshilfeweg dorthin übermittelt. Der Anwalt des Mannes ließ ausrichten, dass sein Mandant mit einem Vaterschaftstest einverstanden sei. Er werde versuchen, zur Abgabe einer DNA-Probe nach Österreich zu kommen, ansonsten werde er über die österreichische Botschaft in der Türkei den Test vornehmen lassen.

Dreimal wurde der Mann in der Türkei aufgefordert, zum Vaterschaftstest zu gehen. Nie kam er. Schließlich wurde für das Kind Unterhaltsvorschuss begehrt. Das Bezirksgericht Wien-Josefstadt gewährte ihn, zumal es mit dem Mann ja einen Unterhaltsschuldner gebe. Aus dessen Verhalten lasse sich ableiten, dass er zwar die Schaffung eines Unterhaltstitels vereiteln wolle, er aber dem Grunde nach als Unterhaltsschuldner feststehe.

Vaterschaft durch Verhalten bestritten

Der Bund wehrte sich gegen dieses Urteil und fand beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen Gehör. Ob die vor der Geburt des Kindes abgegebene Bestätigung des Mannes, Vater zu sein, echt sei, könne man nicht eruieren, da der Vater dazu keine Stellungnahme abgab. Und da der Mann den Vaterschaftstest nicht machen wollte, müsse man davon ausgehen, dass dieser die Vaterschaft insgesamt bestreiten wollte. Inzwischen sei zwar die Vaterschaft des Mannes gerichtlich festgestellt worden. Im jetzigen Verfahren aber spiele das keine Rolle, weil man bei Unterhaltsvorschüssen auf den Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz abstellen müsse.

Der Oberste Gerichtshof (10 Ob 55/15h) bestätigte das. Zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz sei davon auszugehen gewesen, dass der Mann die Vaterschaft bestreitet.

Inzwischen wurden dem Kind aber Unterhaltsvorschüsse gewährt, wenn auch erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. (aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.