VwGH: Au-Pair-Kosten nicht absetzbar

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Für Verwaltungsgerichtshof genügt Praktikum in Kinderbetreuung nicht als Nachweis pädagogischer Qualifikation. Er ist strenger als das Finanzressort.

Wien. Erfahrungen in der Kinderbetreuung ergeben nicht zwangsläufig eine pädagogische Qualifikation. Deshalb verbietet der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) das steuerliche Absetzen der Kosten für eine in Österreich eingesetzte Au-Pair-Kraft aus Georgien. Sie hatte im Rahmen ihrer Schulausbildung bloß ein pädagogisches Praktikum in Form der Nachmittagsbetreuung einer Schulklasse absolviert. Die Entscheidung hat große Tragweite über unausgebildete Au-Pair-Kräfte hinaus: Sie entzieht der unter anderem vom Finanzministerium vertretenen Ansicht den Boden, ein achtstündiger Kurs würde für die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten bis maximal 2300 Euro pro Jahr und Kind reichen.

Ein Wiener Ehepaar, das mehrmals wöchentlich bis 21 bzw. 22 Uhr arbeiten muss, hat zur Kinderbetreuung im Jahr 2009 zwei Au-Pair-Kräfte für 4774,60 Euro engagiert: Die eine war die Georgierin, die andere ist aus der Slowakei gekommen. Diese hatte dort eine Kindergärtnerinnenausbildung an der Pädagogischen und Sozialen Akademie absolviert. Damit ging sie eindeutig als „pädagogisch qualifizierte Person“ durch, wie sie das Einkommensteuergesetz (§ 34 Abs 9) fordert, sofern die Kinder nicht in einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung untergebracht sind.

Kindeswohl im Vordergrund

Also konnte der Vater die Aufwendungen für die häusliche Betreuung durch die Slowakin in Höhe von 936,80 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Der Unabhängige Finanzsenat (jetzt: Bundesfinanzgericht) ließ aber nicht auch die höheren Ausgaben für die Georgierin zum Abzug zu. Wie nun der VwGH bestätigt, zielt das Gesetz darauf ab, das Kindeswohl zu fördern und nicht primär die Interessen der Eltern. Der Begriff der pädagogischen Qualifikation sei so zu verstehen, dass die betreuende Person zumindest wie eine Tagesmutter oder ein Tagesvater ausgebildet ist (2012/15/0211). Das ist in Österreich länderweise unterschiedlich geregelt, wobei 160 Stunden Ausbildung kein Einzelfall sind.

Schnellkurs für Oma zu wenig

Dieses Ausmaß steht in keiner Relation zu jenen Schnellsiedekursen, die noch im Jahr 2009 von der Koalition als Schlüssel zur steuerlichen Entlastung von Eltern ausgegeben wurden. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und die damalige Familienstaatssekretärin, Christine Marek (ÖVP), verkündeten, ein 16-Stunden-Kurs genüge für 16- bis 21-jährige Babysitter, und ältere brauchten gar nur acht Stunden. Entsprechende Informationen finden sich noch heute auf den offiziellen Websites von Ministerien, diverse Organisationen bieten nach wie vor solche Kurse für Oma/Opa/Babysitter an.

Die Praxis der Finanzämter und die Rechtsprechung von UFS und Bundesfinanzgericht waren bisher uneinheitlich. Der VwGH lässt jetzt keinen Zweifel offen, dass pädagogisch qualifiziert nur solche Personen sind, die eine ernsthafte einschlägige Ausbildung absolviert haben. Wenn es der Gesetzgeber anders sieht, wird er nicht umhinkönnen, das Gesetz zu ändern. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2015)

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