Flugreisen: Wenn der Flieger später abhebt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Handelsgericht Wien kippte eine Klausel in den AGB der AUA, dass Flugzeiten auch noch nach der Buchung geändert werden können. Die Fluglinie nimmt es gelassen.

Wien. Passend zur Urlaubszeit, hat das Handelsgericht Wien eine Klausel in den AUA-Geschäftsbedingungen gekippt. Und zwar jene, die vorsieht, dass sich Flugzeiten auch nach der Buchung unbeschränkt ändern können und Reisende das hinnehmen müssen. Dagegen geklagt hatte der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Das Urteil (57Cg 39/14g) ist rechtskräftig.

Konkret ging es um folgende Klausel: „Die in Flugplänen angegebenen Zeiten können sich zwischen dem Datum der Publikation und dem Datum Ihrer Reise ändern. Wir können sie Ihnen daher nicht garantieren und sie stellen auch nicht einen Teil des Vertrages mit uns dar. Bevor wir Ihre Buchung akzeptieren, werden wir Sie über die vorgesehenen Flugzeiten informieren; diese sind auch auf Ihrem Ticket angegeben. Es ist möglich, dass wir die Flugzeiten in der Folge ändern müssen, sofern Sie uns Kontaktdaten zur Verfügung stellen, werden wir Sie über derartige Änderungen informieren.“

Laut Konsumentenschutzgesetz sei diese Klausel unwirksam, entschied das Gericht: Denn sie sei nicht im Einzelnen von den Vertragsparteien ausgehandelt worden (was voraussetzen würde, dass sie gemeinsam erörtert und von beiden Seiten bewusst vereinbart worden ist). Und sie erlaubt es der Fluglinie, die von ihr zu erbringende Leistung einseitig zu ändern oder davon abzuweichen. Rechtlich möglich wäre das nur, wenn die Änderung bzw. Abweichung geringfügig und sachlich gerechtfertigt und deshalb dem Verbraucher zumutbar ist. Das sei hier aber nicht der Fall, weil sie der Fluglinie unbeschränkte einseitige Änderungen der Ankunfts- und Abflugzeiten ermögliche – bei der hier verwendeten Klausel seien dem Änderungsvorbehalt keine inhaltlichen Grenzen gesetzt.

Wer schuld ist, ist egal

Die Klausel sei deshalb gröblich benachteiligend und verstoße somit nicht nur gegen das Verbraucherrecht, sondern auch gegen das ABGB, entschied das Gericht. „Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt“, heißt es dort (§879 Abs3). Dass hier auch das ABGB ins Spiel gebracht wird, ist nicht unwesentlich: Wenn eine Vertragsbestimmung auch dagegen verstößt, ist sie nicht nur in Verträgen mit Konsumenten, sondern generell unwirksam.

Nun ist aber nicht immer die Fluglinie schuld, wenn Abflugzeiten geändert werden müssen. Laut dem Urteil kommt es darauf aber gar nicht an: Ob die Fluglinie überhaupt Einfluss auf die Flugzeiten nehmen kann, sei nicht erheblich, heißt es dort. Wenn sich die Flugzeiten ändern, müsse man als Fluggast ein Wahlrecht haben, ob man „auch nach Fristablauf auf Erfüllung des Vertrages besteht“ – also einen späteren Flug akzeptiert – oder vom Vertrag zurücktritt. Durch die Klausel solle der Kunde auch bei unzumutbaren Änderungen der Flugzeiten an den Vertrag gebunden bleiben – gerade das sei jedoch gröblich benachteiligend.

Der VKI hatte außerdem beanstandet, dass auf Buchungsbestätigungen folgender Passus steht: „Alle Angaben vorbehaltlich Änderungen. Änderungen der Transportzeiten bleiben ausdrücklich vorbehalten.“ Diesen Teil der Klage wies das Gericht jedoch ab: Buchungsbestätigungen seien keine AGB oder Vertragsformblätter, sondern der Verbraucher erhält sie erst, nachdem der Vertrag abgeschlossen und die Buchung vorgenommen wurde. Wenn der betreffende Passus nicht auch schon in den AGB steht, werde er also gar nicht zum Vertragsinhalt – denn Vertragsinhalt kann nur sein, was man beim Vertragsabschluss vereinbart hat.

Späterer Hinweis reicht nicht

Das bedeutet auch, dass Unternehmen schon vor dem Vertragsabschluss darauf hinweisen müssen, dass ihre AGB Vertragsbestandteil werden sollen. Das ist etwas, was wohl viele im Geschäftsalltag nicht wirklich so handhaben. „Verlangt ein Beteiligter erst nach Abschluss des Vertrages die Anwendung seiner AGB (durch Anbringen eines Hinweises auf dem Bestätigungsschreiben), so ist dies wirkungslos und bedarf keines Widerspruches“, heißt es dazu in dem Urteil.

Die AUA hat die Entscheidung im Übrigen nicht angefochten und nimmt sie recht gelassen zur Kenntnis. Ihre Reaktion auf „Presse“-Anfrage: „Austrian Airlines akzeptiert das Urteil des Handelsgerichts und passt die Geschäftsbedingungen entsprechend an.“

AUF EINEN BLICK

Verbraucherrecht. In einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der AUA hieß es, die Flugzeiten seien kein Vertragsbestandteil, könnten nicht garantiert werden und könnten sich bis zum Datum der Reise noch ändern. Das Handelsgericht Wien sah dieses einseitige, unbeschränkte Änderungsrecht als zu weitgehend an. Die AUA hat die Entscheidung nicht angefochten und kündigte eine entsprechende Änderung ihrer AGB an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2015)

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