Hollandfonds: Wer zahlt, verliert

Die Schieflage der Containerschifffahrt trifft auch die Fonds – und deren Anleger.
Die Schieflage der Containerschifffahrt trifft auch die Fonds – und deren Anleger.REUTERS
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Neues Ungemach für Anleger: Die finanzierenden Banken fordern Ausschüttungen zurück. Juristen raten abzuwarten.

Wien. Wenn rund 17.000 Österreicher den Begriff Schiffs- oder Hollandfonds nur hören, steigt ihnen die Zornesröte ins Gesicht. Viele haben infolge der Schieflage dieser geschlossenen, auf Schiffe oder Immobilien spezialisierten Fonds, die hauptsächlich von der deutschen MPC herausgegeben worden sind, ihr Investment bereits in den Sand gesetzt oder drohen es zu verlieren. Jetzt steht den Anlegern neues Ungemach ins Haus: Weil auch jene deutschen Banken, die die Schiffe und Immobilien großteils finanziert haben, um ihr Geld umfallen dürften, fordern sie schon geflossene Ausschüttungen zurück.

„Ich erwarte eine Klagslawine“, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Leitner mit Blick auf entsprechende Briefe, die seinen Klienten ins Haus geflattert sind. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), mit dem Leitner in dieser Causa in Kontakt steht, rechnet ebenfalls mit heftigen Rechtsstreitigkeiten.

Die Sache ist verzwickt: Geschlossene Fonds (wie jene von MPC und anderen Emittenten) sind keine Investmentfonds, sondern Kommanditgesellschaften. Die Anleger sind daher Kommanditisten und haften mit ihrer Einlage. Die bereits erfolgten Auszahlungen sind insofern keine Dividenden oder Renditen, sondern Kapital – das zurückgefordert werden kann, wenn es eng wird. Und das ist es, der Hollandfonds 51 ist schon insolvent, anderen droht das.

Die Aufklärung über den Charakter der Ausschüttungen war jedoch äußerst mangelhaft, wie mehrere Gerichtsurteile bestätigen. „Das ist ein Ausschüttungsschwindel“, sagt Leitner und verweist auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs, wo dieser Begriff erwähnt wird. Der Anwalt kritisiert in diesem Zusammenhang auch, dass das mit diesen Fonds verbundene Risiko verharmlost worden sei. „Kein vernünftiger Anleger hätte in einen solchen Fonds investiert, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass der Sachwert (die Immobilie, das Schiff, Anm.) verpfändet und die Ausschüttungen bloß eine Rückgewähr der Einlage sind.“

Auch von den hohen Provisionen, die die österreichischen Vermittlerbanken kassiert haben, und die „Weichkosten“ hätten Anleger meist nichts gewusst.

MPC hat indes mehrfach die Vorwürfe zurückgewiesen und betont, über die Sachlage sei in den Emissionsprospekten informiert worden.

Während mit hiesigen Geldinstituten, die die Fonds vertrieben haben, schon Vergleiche geschlossen wurden, geht es nun um die Frage, wie mit den Rückforderungen aus Deutschland vorzugehen ist. Sie wurden hauptsächlich von Landesbanken wie der Helaba oder der Deutschen Hypothekenbank erhoben. Leitner meint, dass die finanzierenden Institute gewusst haben müssen, wie solche Fonds laufen. „Sie haben mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen, dass das Publikum getäuscht wird.“ Der Anwalt vermutet, dass sich die deutschen Institute auf die österreichischen Banken berufen werden.

Fragen an einen Bankchef

Obwohl nicht abzuschätzen ist, wie die deutschen Banken reagieren – die erste von ihnen gesetzte Frist ist bereits am 12. Mai abgelaufen –, ist Leitner mit dem VKI konform, dass man vorerst nichts zurückzahlen sollte. Denn klar ist: Wenn man zurückzahlt, ist das Geld endgültig weg. Auch die Angebote, nur einen Teil der Ausschüttung zurückzuzahlen, seien mit Vorsicht zu genießen. „Die Aussichten bei einer Klage stehen nicht schlecht.“

Leitner hat jedenfalls der Kanzlei Binder Grösswang, die die Sparkasse KölnBonn vertritt, im Namen einer geschädigten Mandantin einen umfassenden Fragenkatalog vorgelegt. Er soll dem Vorstandschef der Sparkasse vorgelegt werden, wenn dieser – wie beantragt – einvernommen wird. Konkret geht es um den 43. Hollandfonds. Leitner will unter anderem die Höhe der Kredite geklärt haben, ihre Besicherung und mögliche Wertberichtigungen. Der Bankchef soll auch das Risiko bei solchen Fonds abschätzen.

AUF EINEN BLICK

Anlegern von geschlossenen Schiffs- oder Immobilienfonds droht neues Ungemach. Nachdem sie infolge der Schieflage vieler dieser Fonds der deutschen MPC ihr Investment verloren haben, fordern jetzt auch noch jene deutschen Banken, die den Ankauf der Schiffe oder Immobilien finanziert haben, schon geflossene Ausschüttungen zurück. Rechtsanwalt Wolfgang Leitner, der viele österreichische Anleger vertritt, erwartet eine Klagslawine. Dennoch rät er ab, das Geld zurückzuzahlen und vorerst zuzuwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2016)

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