Wer haftet für unrichtige Infos auf Amazon Marketplace?

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Amazon (c) REUTERS (MIKE SEGAR)
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Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu unrichtigen Angaben auf Verkaufsplattformen nimmt die Onlinehändler in die Pflicht.

Wien. Wer bei Internethändlern wie Amazon ein Produkt kauft, schließt nicht immer direkt mit Amazon einen Kaufvertrag ab. Auf Amazon Marketplace etwa bieten unabhängige Verkäufer sowohl neue, gebrauchte und wieder hergestellte Waren als auch Sammlerexemplare an. Für den Kunden ändert sich beim Bestellungsablauf nichts. Er ordert direkt bei Amazon, und das Unternehmen leitet die Zahlung an den Marketplace-Verkäufer weiter, ohne dass dieser die Zahlungsdaten des Kunden erhält.

Amazon veränderte Angaben

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte sich nun gleich zweimal mit der Haftung für Produktangaben auf solchen Plattformen zu befassen. Beide Male sorgten sie für einen Rechtsstreit. In dem einen Fall wurde eine Armbanduhr für 19,90 Euro angeboten. Neben diesem Preis stand als unverbindliche Preisempfehlung der Betrag von 39,90 Euro, der aber mit einem Balken durchgestrichen war. Dabei war der Hinweis zu lesen: „Sie sparen: EUR 20,00 (50 %).“ Diese Angabe allerdings stammte nicht vom Verkäufer, sondern von Amazon.

Ein Mitbewerber sah diese Angaben und verklagte den Anbieter. Der Grund? Der Kläger fand, diese würden den Verbraucher in die Irre führen. Bei besagter Uhr handelte es sich nämlich um ein Auslaufmodell, das nicht einmal mehr in den Preislisten des Fachhandels zu finden war. Darauf wurden die Kunden freilich bei der Beschreibung des Produkts nicht aufmerksam gemacht. Muss der Verkäufer wirklich für Angaben zu seinem Produkt haften, selbst wenn diese gar nicht von ihm selbst, sondern von der Internetplattform – hier konkret von Amazon – stammen?

Ja, sagte der BGH in seiner Entscheidung (Az. I ZR 1140/14), die er am Dienstag veröffentlichte. Wenn Dritte die Möglichkeit haben, selbstständig Produktbeschreibungen zu Angeboten zu verändern, trifft den Händler die Pflicht, die Angaben zu seinem Produkt regelmäßig auf Richtigkeit zu prüfen, um Rechtsverletzungen zu verhindern. Seine Ware nicht selbst zu verkaufen, sondern sich einer Verkaufsplattform zu bedienen, erhöhe eben das Risiko von Rechtsverletzungen, stellte das Gericht fest. Sehr ähnlich entschieden die Richter in Karlsruhe auch noch in einem anders gelagerten Fall.

Mitbewerber verfälschen Infos

Ein Verkäufer bot eine bestimmte Computermaus auf dem Amazon Marketplace an. Seine Angaben wurden – ohne dass er es bemerkte – von einem anderen Plattformnutzer verändert, und zwar ergänzte dieser einfach einen falschen Markennamen. Der Inhaber dieser Marke klagte daraufhin den Verkäufer auf Unterlassung: Zu Unrecht werde sein Markenname von dem Verkäufer bei der beanstandeten Ware verwendet.

Der BGH befand, dass dem Kläger der Unterlassungsanspruch auch tatsächlich zusteht. Heißt das, jeder, der auf Amazon Marketplace Waren verkauft und dazu richtige Angaben macht, muss auch regelmäßig überprüfen, dass die Informationen nicht von einem Mitbewerber verfälscht worden sind?

Genau so ist es. Die Tätigkeit als Händler auf Amazon Marketplace bringe nämlich die Gefahr mit sich, dass andere Händler die Angebote eben verändern könnten. Das sei in Händlerkreisen auch durchaus bekannt, so der BGH. Dadurch besteht die Gefahr, dass ursprünglich richtige und zulässige Angebote durch Eingriffe Dritter verfälscht werden können. Nach Ansicht des BGH ist es jedem, der dauerhaft oder über längere Zeit Waren auf solchen Internetplattformen anbietet, zumutbar, die eingestellten Angebote auch regelmäßig zu überprüfen. Der Nachweis, dass die Angaben ursprünglich richtig gewesen sind, hilft also gar nichts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2016)

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