Was tun, wenn sich zwei Geschäftsführer nicht einigen können?

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Verletzungen der Offenlegungspflicht werden heute streng verfolgt. Um der Strafe zu entkommen, bedarf es guter Gründe.

Wien. „Wir beobachten in den vergangenen Jahren, dass die Firmenbuchgerichte weit schneller Strafen verhängen, wenn die Jahresabschlüsse verspätet eingereicht werden, als das früher der Fall war“, sagt Rechtsanwalt Michael Straub (Müller Partner Rechtsanwälte).

Das mag wohl daran liegen, dass mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 die Verstöße gegen die Offenlegungspflicht mit härteren Sanktionen geahndet werden. Demnach können die Firmenbuchgerichte bei verspäteten Einreichungen des Jahresabschlusses unverzüglich und ohne Vorwarnung Zwangsstrafen von 700 Euro (bei Kleinstkapitalgesellschaften 350 Euro) verhängen. Bestraft werden sowohl das Unternehmen als auch sämtliche Mitglieder des Vorstandes bzw der Geschäftsführung.

Laut Auskunft des Handelsgerichts hat die Novelle wenigstens teilweise ihr Ziel erfüllt. Reichten 2010 14 Prozent der Unternehmen keine Bilanz ein oder taten dies zu spät, waren es 2014 immerhin nur mehr elf Prozent. Dabei haben die Kapitalgesellschaften und GmbH & Co KG ohnehin neun Monate nach dem Bilanzstichtag Zeit, den Jahresabschluss beim Firmenbuch zu hinterlegen.

Die Gründe für die Verspätung seien sehr unterschiedlich, sagt Straub: „Häufig werden unerwartete Betriebsprüfungen vorgeschoben, oder es heißt, dass einer der Geschäftsführer länger erkrankt oder irgendwelche wichtigen Unterlagen nicht auffindbar gewesen seien.“ Doch den Obersten Gerichtshof (OGH) lassen solche Argumente völlig kalt. Zwangsstrafen können Vorstand und Geschäftsführung nur entgehen, wenn sie nachweisen können, dass ihnen die rechtzeitige Offenlegung infolge eines unvorhergesehenes oder unabwendbaren Ereignisses unmöglich war. Ein Beispiel dafür: Einer von zwei nur gemeinsam vertretungsbefugten Geschäftsführer war verstorben, sodass der andere allein nicht in der Lage war, Anmeldungen zum Firmenbuch vorzunehmen (6 Ob 64/04m).

OGH verfolgt strenge Linie

Was gilt aber für den Fall, dass Uneinigkeiten zwischen den beiden Geschäftsführern dazu führen, dass der Jahresabschluss verspätet eingereicht wird? Diese Konstellation rechtfertigt für den OGH die verspätete Einreichung der Bilanz jedenfalls nicht, sagt Straub. Allein die Berufung auf interne Unstimmigkeiten vermag sie nämlich nicht zu entbinden, betonte der OGH in seiner Entscheidung 6 Ob 14/15m. Der Zweck der Offenlegung von Jahresabschlüssen besteht darin, Dritte, die die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht ausreichend kennen oder kennen können, zu informieren. Dieser Zweck könnte ja dann gar leicht vereitelt werden, ließe man der Gesellschaft und ihren Organen die Möglichkeit offen, sich unter Berufung auf innere Umstände – wie etwa Uneinigkeit unter den Geschäftsführern – den Offenlegungspflichten zu entziehen.

Was aber soll der Geschäftsführer tun, der seiner Offenlegungspflicht entsprechen will, aber an dem Widerstand seines Kollegen scheitert?

„Er muss beweisen können, alles Zumutbare unternommen zu haben, um seinen Verpflichtungen nachzukommen“, sagt Straub. Bestünden so gravierende Differenzen, dass sich ein Geschäftsführer weigert, den vom anderen erstellten Jahresabschluss zu unterfertigen, sind alsbald die Gesellschafter einzubeziehen. „Sie können den Konflikt unter Umständen lösen, indem sie die Weisung erteilen, dass ein Abschlussprüfer engagiert wird, der den Jahresabschluss erstellt.“ Falls auch mit ihrer Hilfe keine Lösung erzielt wird, bleibt nur eines, so Straub: Den nur von einem Geschäftsführer unterschriebenen Jahresabschluss mit dem Vermerk einzureichen, dass der andere die Unterschrift verweigert hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2016)

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