Astronomie :Das Magnetfeld eines Planeten namens Osiris

Aus dem Spektrum eines 150 Lichtjahre entfernten Planeten der Sorte „Hot Jupiters“ lesen Wissenschaftler am Institut für Weltraumforschung, wie und warum dort ein starker Wasserstoffwind bläst.

Es ist keine 20 Jahre her, dass man Planeten anderer Sterne mit einiger Sicherheit orten kann. Umso erstaunlicher ist, was die Astronomen schon alles über solche Exoplaneten sagen können, die doch gar nicht selbst leuchten. Nicht nur über ihre Bahn, ihre Größe und die Entfernung zu ihrem Stern, sondern auch, sehr grob freilich, über ihre Atmosphäre.

Nun sogar über ihr Magnetfeld. Ein solches hat auch der Planet HD 209458b, der ungefähr 150 Lichtjahre weit weg seinen Stern – der unserer Sonne recht ähnlich ist – umrundet. Neben seiner amtlichen Bezeichnung hat er auch einen Spitznamen: Osiris, nach dem altägyptischen Todesgott. Den verdient er sich durch sein im höchsten Maß lebensfeindliches Klima: Er ist ein bisschen kleiner als unser Jupiter, aber viel näher bei seinem Stern: Der Abstand beträgt ca. sieben Millionen Kilometer, das ist ein Achtel (!) der Entfernung zwischen Sonne und Merkur, unserem sonnennächsten Planeten. Entsprechend heiß ist es auf Osiris. Man nennt solche Planeten „Hot Jupiters“, und man kennt ziemlich viele davon. Das dürfte daran liegen, dass sie aufgrund ihrer Größe und Nähe zu ihrem Stern relativ große Gravitationswirkung auf diesen haben und daher leicht zu entdecken sind.

Osiris kennt man schon seit 1999, man fand ihn, als er an seinem Stern vorbeizog, wodurch sich dessen Helligkeit verringerte. 2003 wurde mit dem Hubble-Weltraumteleskop beobachtet, dass die Atmosphäre von Osiris wie ein Komet einen Schweif bildet, der vor allem aus Wasserstoff besteht. (Sonst hat man in seiner Atmosphäre auch Kohlendioxid und Methan entdeckt.)

Auf Wasserstoff beruhen auch die Berechnungen, aus denen ein Team um Kristina Kislyakova vom Grazer Institut für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften nun in Science (346, S.981) auf das Magnetfeld von HD 209458b schließt. Genauer: Sie beruhen auf einer einzigen Linie in seinem Spektrum (eigentlich dem seines Sterns), sie heißt Lyman-Alpha und entspricht dem Übergang eines Wasserstoffelektrons vom niedrigsten angeregten Zustand in den Grundzustand. Dieser Übergang findet bei einer bestimmten Energie statt, die man aus der Quantentheorie genau berechnen kann. Das würde einer scharfen Linie im Spektrum entsprechen.

Die Linie ist aber nicht scharf, sie ist deutlich verbreitert. Dafür gibt es mehrere Erklärungen, darunter ist der Dopplereffekt: Die Frequenz von Strahlung ändert sich, wenn sich die Quelle bewegt. In diesem Fall sind das eben die Wasserstoffatome, die sich mit großer Geschwindigkeit vom Planeten wegbewegen.

1,4 Millionen Stundenkilometer

Kislyakova und ihr Team stellten nun ein Rechenmodell für die Wechselwirkung zwischen der Planetenatmosphäre und den Sternwinden auf, die der Planet durch seine große Nähe stark spürt. Sie blasen mit einer Geschwindigkeit von unglaublichen 1,4 Millionen Kilometer pro Stunde!

Vor diesem irren Sturm geladener Teilchen werden Planeten – auch die Erde – durch ihr Magnetfeld geschützt, das die Teilchen ablenkt. Auch Osiris hat ein solches Magnetfeld, das allerdings nur ein Zehntel so stark wie das Magnetfeld von Jupiter ist. „Trotzdem“, sagt Kislyakova, „ist es stark genug, um zu verhindern, dass die Planetenatmosphäre vollständig von den Sternwinden weggeblasen wird.“

LEXIKON

Exoplaneten (kurz für exosolare Planeten) sind Planeten, die sich um andere Sterne als die Sonne bewegen. 1995 wurde der erste echte Exoplanet entdeckt: 51 Pegasi B, 40 Lichtjahre von uns entfernt, sehr nahe bei seinem Stern, ein typischer „Hot Jupiter“. Inzwischen sind 1832 Exoplaneten in 1145 Planetensystemen beschrieben; von einem sonnenähnlicher Stern kennt man sogar sieben Planeten! Der kleinste bisher entdeckte Exoplanet (Kepler-37 b) ist kaum größer als der Erdmond.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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