„Es fehlt der Mut, in die Zukunft zu investieren“

Innovationskrise. Der Club Research kritisiert die Vergabepraxis der öffentlichen Förderungen: Wenn die vereinbarten Ziele nicht erfüllt werden, läuft die Finanzierung weiter – und es gibt keine Konsequenzen. Eine Transparenzdatenbank über die Forschungssubventionen fehlt.

Helga Nowotny fordert ein Umdenken. Der Innovationsbegriff müsse neu formuliert werden, sagt die Vorsitzende des ERA-Council Forum Austria und frühere Präsidentin des ERC-Beirats, der europäische Spitzenforschung nachhaltig fördert: Innovation müsse sich weg vom linearen Modell der Grundlagenforschung und einen Schritt hin zur angewandten Forschung bewegen. „Wir benötigen ein Gleichgewicht zwischen dem Angebot, das von der Grundlagenforschung kommt, und der Nachfrage.“ Dieses Gleichgewicht müsse zugleich der Motor der Innovation sein.

Helga Nowotny traf in dieser Woche bei einer Veranstaltung des Club Research auf Diskussionspartner aus der Wirtschaft und Wissenschaft. Die Dringlichkeit der Neuorientierung betont auch Wolfgang Polt, Leiter für Wirtschafts- und Innovationsforschung des Joanneum Research. Die FTI-Strategie 2011 der Bundesregierung sei im Gestus einer Wachstumsideologie geschrieben. „Diese sehe ich in Österreich aber nicht“, so Polt.

Die Forschungsanstrengungen bedürfen im gesamten OECD-Raum eines neuen Anstoßes. Nachdem vor zwei Monaten von der OECD publizierten „Outlook 2014“ sinken die F-&-E-Ausgaben der öffentlichen Budgets fast in allen Staaten, signifikant etwa in Japan. Zusätzliche Mittel gibt es in China, auch die USA verzeichnen hier Impulse. Und Österreich? Unser Land liege bei jenen Ländern, in denen die Förderungen zwar nicht sinken, aber stagnieren, sagt Gernot Hutschenreiter, für Innovationen zuständiger Direktor bei der OECD. Zudem zeigt die Studie, dass bei den F-&-E-Portfolios eine Umschichtung von der längerfristigen Forschung in Richtung der Entwicklungsforschung eingetreten ist. Frankreich, Schweden, Luxemburg und Finnland haben bereits eine Neuausrichtung ihrer Forschungsstrategien eingeleitet.

Zurückhaltung zur Wirtschaft

An manchen österreichischen Universitäten gebe es eine große Zurückhaltung, mit der Wirtschaft zu kooperieren, sagt Nowotny. Leistungsvereinbarungen seien zudem das Instrument, mit denen der Staat – respektive das Wissenschaftsministerium – die Unis anhalten könne, die Internationalisierung zu intensivieren. Aber, so Nowotny: „Es fehlen in Österreich die Konsequenzen. Diejenigen, die die Ziele nicht erfüllen, werden nämlich wie bisher weiter finanziert.“ Ähnlich sieht es Wolfgang Polt: „Die Politik wagt sich nicht an eine Reform der Forschungsförderung.“ Es gebe keine Transparenzdatenbank, die offenlege, wer was fördere, zu welchem Zweck gefördert wird, und was die Förderung schließlich bringe.

Von Seite der Wirtschaftskammer konstatiert Rudolf Lichtmannegger, dass die Dynamik in Sachen Forschung und Innovationen gebrochen sei. Asien habe – anders als Europa – die Krise als Chance begriffen. Dabei seien jetzt die Zinssätze für Darlehen so günstig wie seit Langem nicht. Es fehle aber der Mut, in die Zukunft zu investieren.

Auf der einen Seite konstatiert Helga Nowotny, „dass der Grundlagenforschung aktuell der Wind stärker ins Gesicht bläst“, dann aber hebt sie die EU-Anstrengungen hervor. So habe der europäische Forschungsrat seit 2007 über die ERC-Grants an die 30.000 junge Wissenschaftler in Europa so gefördert, damit sie unter guten und gesicherten Bedingungen forschen können. Das sei wiederum ein Zeichen vorhandener wissenschaftlichen Exzellenz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

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