Anthropologie: Steinalte Steinwerkzeuge

(C) MKP-WTAP
  • Drucken

Schon vor 3,3 Millionen Jahren verfertigten Menschen in Kenia Steinwerkzeuge. Wer diese Ahnen waren, ist völlig rätselhaft.

Wann schlug wer zum ersten Mal mit einem Stein so auf den anderen, dass aus Letzterem ein Werkzeug wurde, eines mit scharfen Kanten zum Schneiden? Lange galten 2,6 Millionen Jahre alte Werkzeuge aus Äthiopien als die ältesten, man nannte ihre Herstellungstechnik nach dem Fundort Oldowan, und man weiß schon bei diesen nicht, wem man sie zuordnen soll: Vor 2,6 Millionen Jahren war noch Australopithecus unterwegs – Lucy! –, sein Hirn war mit 500 Kubikzentimeter so klein wie das eines Schimpansen. Und doch war die Technik von Oldowan so ausgefeilt, dass sie Vorläufer haben musste.

Indirekte Hinweise darauf kamen wieder aus Äthiopien, von 3,4 Millionen Jahre alten Tierknochen mit Schnittspuren, allerdings blieben diese umstritten. Nun haben sich in Kenia Werkzeuge gefunden, mit denen die Schnitte geführt worden sein könnten: 3,3 Millionen Jahre alt sind sie, die Finderin Sonia Harmand (Paris) nennt diese Technik, wieder nach dem Fundort, Lomekwian. Präsentiert hat sie den Fund schon im April auf einer Konferenz, nun sind die Details publiziert (Nature 521, S. 310) – das macht alles noch rätselhafter. Das liegt zum einen am Fundort: Dieser ist heute eine Wüste, aber damals war er Wald, das zeigen Kohlenstoffisotope im Boden.

Wald ist deshalb ein Problem, weil man davon ausgeht, dass Steinmesser in den Savannen entwickelt wurden, in denen sich die Menschen vor 1,8 Millionen Jahren zu Homo erectus erhoben, und in denen es genug Wild gab, dessen Fleisch mit Messern zerteilt wurde. Wer lebte in diesen Wäldern, waren es überhaupt Menschen? Oder Schimpansen? Sie sind außer den Menschen die Einzigen, die mit Steinwerkzeugen arbeiten: Sie schlagen mit einem Hammer auf einen Amboss, um Nüsse zu knacken. Sie stellen jedoch keine Werkzeuge her, sie schlagen allenfalls per Zufall scharfkantige Stücke aus dem Amboss.

Solche Stücke sind unter den jetzigen Funden, aber sie zeigen auch, dass mit einer Hand ein Schlagstein geführt wurde, mit der anderen ein Rohling. Dazu braucht es feine Hände, und die wieder gab es nicht, solange unsere Ahnen auf den Bäumen lebten. Wer also war dieser Homo faber? Im März wurde der Fund eines 2,8 Millionen Jahren alten Vormenschen in Äthiopien bekannt, der ein Mosaik aus Australopithecus und Homo war. Vielleicht gab es viele von ihnen, vielleicht waren sie ein toter Ast der Evolution.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.