Kunstmäzen, Sammler und Retter des Riesentors

AUSSTELLUNG ´DER EWIGE KAISER - FRANZ JOSEPH I. 1830 - 1916´ IN WIEN
AUSSTELLUNG ´DER EWIGE KAISER - FRANZ JOSEPH I. 1830 - 1916´ IN WIEN(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Editionsreihe. Graf Lanckoroński, Pole und fast ein Österreicher, war über mehrere Jahrzehnte einer der bestimmenden Kulturrepräsentanten Wiens. Jetzt wurde sein Nachlass aus der Nationalbibliothek veröffentlicht.

Dem Kunstsammler und Mäzen Karl (Karol) Lanckoroński (1848–1933) war in dieser Woche in der Polnischen Akademie in Wien ein Symposium gewidmet, bei dem unter anderem die eben fertiggestellte Editionsreihe „Lanckoroniana“ präsentiert wurde. Dabei kam auch der – in Wien bisher kaum beachtete – Einsatz Lanckorońskis für den Wiener Stephansdom bzw. für den Erhalt der ursprünglichen Gestaltung des Doms zur Sprache.

Der Salon des polnischen Grafen, der in Wien geboren wurde, das Schottengymnasium besuchte und an der Wiener Universität das Jusstudium absolvierte, war in der Residenzstadt der Habsburger einer der Treffpunkte der kulturinteressierten Gesellschaft. Er selbst bekämpfte vehement beabsichtigte Änderungen im gewachsenen Stadtbild Wiens, so gilt er auch als einer der Retter des Riesentores.

Dieser romanische Kernbereich des Stephansdoms sollte ein neuromanisches Antlitz erhalten, wobei als prominentester Unterstützer für eine Neuformung einer der Architekten der Wiener Ringstraße, Friedrich Schmidt, auftrat. Lanckoroński finanzierte wiederum Broschüren der Gegner jeder Umgestaltung. 1902 war schließlich der Streit beendet, die Umgestaltung abgesagt. In einer weiteren Kampagne trat er gegen die Verbauung des Karlsplatzes und für die Erhaltung dieser großzügigen freien Fläche ein.

1911 wurde Lanckoroński Vizepräsident des neu gegründeten Denkmalamtes (der Vorläuferinstitution des heutigen Bundesdenkmalamtes). Im Besonderen engagierte er sich auch für die Freilegung und Erforschung der Römerstadt Carnuntum.

Schriften in deutscher Sprache

Der nun im Wissenschaftlichen Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien publizierte handschriftliche Nachlass stammt aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek. „Dabei handelt es sich um seine Tagebücher und seine umfangreiche Korrespondenz mit zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit“, sagt die Übersetzerin und Mitarbeiterin im Polnischen Institut, Irmgard Nöbauer.

Zum Personenkreis rund um den polnischen Adeligen zählten die Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach, der tschechisch-österreichische Kunsthistoriker Max Dvořák, die Schauspielerin Hansi Niese, der Architekt Joseph Maria Olbrich, der Dichter Rainer Maria Rilke und der Bildhauer Caspar Zumbusch.

In seinem 1895 neu erbauten Palais in der Wiener Jacquingasse empfing Lanckoroński seine Gäste, er baute auch eine umfangreiche Kunstsammlung auf. Objekte von seinen archäologischen Forschungsreisen fanden hier Platz. In erster Linie waren es die frühen Kulturen Kleinasiens, denen er sich widmete, aber auch Ostasien und die Mittelmeerländer. Infolge der Besitztümer seiner Familie musste sich der polnische Graf keinem Erwerbsberuf widmen. 1914 wurde er mit dem Titel Oberstkämmerer zum Chef der kaiserlichen Sammlungen ernannt.

In der polnischen Kulturgeschichte ist Lanckoroński bis heute fest verankert, sagt Irmgard Nöbauer. Er war Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und auch der Polnischen Akademie der Wissenschaften, weiters wurden ihm Ehrendoktorate der Universität Krakau und der Universität Berlin verliehen. Die neue Editionsreihe „Lanckoroniana“ ist in deutscher und in polnischer Sprache aufgelegt. (ewi)

LEXIKON

Die Editionsreihe „Lanckoronia“besteht aus vier Bänden. Die Quellenedition beruht auf dem handschriftlichen Nachlass von Graf Karl Lanckoroński, der in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird. Unter anderem sind die Forschungsreisen des Autors in die Städte Pamphyliens und Pisidiens (Band zwei: Reisebücher Kleinasiens) und die kunsthistorischen Eindrücke seiner Reisen nach Italien (Band drei) darin dokumentiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2016)

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