Wo ist er, der Planet Nine?

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Seit einiger Zeit vermutet man in unserem Sonnensystem noch einen Planeten. Nun weist auch die Sonne selbst auf ihn hin.

Wie viele Planeten hat unser System? Das hängt erstens daran, wie viele man sichtet, und zweitens daran, was ein Planet ist, wie man ihn definiert. Gesichtet wurden natürlich erst die, die man mit bloßem Auge sieht, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, mit Glück auch Uranus, zusammen mit der Erde: sieben. Aber dann bemerkte man Unregelmäßigkeiten in den Bahnen der äußeren Planeten, die sich nur durch andere Planeten erklären ließen. Nun begann die Jagd, 1846 kam Neptun, 1930 Pluto, in Summe: neun.

Ab 2006 waren es nur noch acht: Pluto war herabgestuft worden zum Zwergplaneten (Nr. 134330), er erfüllte seinen Punkt der Planetendefinition nicht, räumte in seiner Bahn nicht auf. Dass er deswegen entthront werden müsse, darauf pochte vor allem Michael Brown (Caltech), er verfasste gar ein Buch – „How I killed Pluto“ –, er hatte obendrein einen etwas kleineren Himmelskörper als Pluto entdeckt, Sedna, auch weit draußen, mit einer eigenartig elliptischen Bahn. Die konnte man wieder nur mit etwas Unentdecktem erklären.

Und so wurden es heuer zu Jahresbeginn wieder neun, zumindest hypothetisch: Ausgerechnet Brown postulierte einen Planet Nine. Die Suche intensivierte sich, gefunden wurde noch nichts. Außer einem neuen Hinweis, wieder von Brown bzw. von der Sonne mit einer Wunderlichkeit, die man 1850 entdeckte: Planetensysteme sind flache Scheiben, die in einer Ebene liegen, der, in der ihr Muttergestirn sich dreht, so will es die Theorie. Aber die Sonne passt nicht hinein, ihre Drehachse bzw. ihr Äquator weicht um sechs Grad von der Planetenscheibe ab.

Schieflage der planetaren Scheibe

Erklären konnte man die Beobachtung bis heute nicht, und die Verwirrung wurde nicht geringer, als man merkte, dass es anders herum ist: Die Sonne dreht sich ganz normal, die Scheibe liegt falsch: Irgendetwas hat sie in die Schiefe gebracht. Irgendetwas? Planet Nine! Nach Browns neuen Berechnungen hat er zehn Erdmassen und umkreist die Sonne in einem 30 Grad gekippten Winkel in einer stark elliptischen Bahn, die ihn alle 10.000 bis 20.000 Jahre in die Nähe der Sonne bringt und dann wieder weit hinaus. Ist er da, verschiebt er die Scheibe von Mal zu Mal ganz gering, in Summe bisher um sechs Prozent (demnächst im Astrophysical Journal, vorab arXiv:1607.03963). Nun muss er nur noch gefunden werden, Brown ist zuversichtlich, dass es „bis Ende des Winters“ gelingt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2016)

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