Tarnkappe und Teflonpfanne

Der Physiker Stefan Löffler von der TU Wien hat ein Faible für Denksport und liebt die Mathematik. Dank deren Logik packt er ganz reale Probleme an der Wurzel.

In kaum einer heimischen Küche fehlt heute noch eine Teflonpfanne. Auch nicht beim Physiker Stefan Löffler, der wie viele andere gerne damit kocht. Ob er sie wegen seines Forschungsinteresses mit anderen Augen sieht? Der Jungforscher verneint schmunzelnd: „Wenn ich damit koche, habe ich keine Formel im Kopf, was alles auf molekularer Ebene passiert.“

Bei Teflonpfannen bewirkt die Beschichtung mit dem thermoplastischen Kunststoff Teflon, dass sich das Bratgut leicht vom Pfannenboden löst. Was unter Physikern sehr wohl Fragen aufwirft, betrifft die molekularen Bindungen bestimmter Materialien. Dafür ist die Teflonpfanne ein praxisnahes Beispiel. Worum es bei Löfflers Forschungstätigkeit geht? Dafür zitiert er Goethes Faust „... dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält“ und ergänzt es um den Zusatz „wollen wir sichtbar machen“.

Ob eine Beschichtung am Untergrund haften, oder Werkzeugstahl besonders hart sein soll: Die Basis für diese Materialeigenschaften bilden elektronische Strukturen, bedingt durch Molekülbindungen. Diese können bisher jedoch nur annäherungsweise berechnet, nicht aber direkt gemessen werden. Je anspruchsvoller das Material, dem etwa Zusatzstoffe beigemengt werden, desto kniffliger wird die Berechnung.

„Wir stellten uns die Frage, wie man die molekularen Bindungen sichtbar und damit messbar machen kann,“ erklärt Löffler, der als Post-Doc am Institut für Festkörperphysik und an der Universitären Service-Einrichtung für Transmissions-Elektronenmikroskopie (USTEM) an der TU Wien forscht.

Eine Lösung für besagtes Problem möchte die Wiener Physikergruppe unter der Leitung des Physikers Peter Schattschneider im Rahmen des vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts „Orbitalkartierung“ finden. „Was wir hier tun, ist ein wenig Zukunftsmusik, vor allem, wenn es um optische und magnetische Materialeigenschaften geht“, ergänzt der Jungforscher. Ein mögliches Anwendungsfeld seien etwa Tarnkappen. Dafür sind Materialien mit negativem Brechungsindex nötig, die das Licht um ein Objekt herumleiten können. Speziell von Graphen erwartet sich aber auch die Elektronik- und Halbleiterindustrie einiges an Potenzial. Findet man eine geeignete Methode, um die Bindungen sichtbar zu machen, ließen sich die elektronischen Strukturen und damit auch die Materialeigenschaften selbst komplexer Anwendungen optimieren.

An den Grenzen des Möglichen

Dafür reicht die Auflösung gängiger Elektronenmikroskope wie jener an der TU Wien aber oft nicht aus. Man muss noch einen Schritt weiter über das Altbekannte hinausgehen – wie so oft in der Forschung, die stets an die Grenzen des Möglichen geht. Hier kommt Löfflers Leidenschaft zum Tragen: „Ich gehe zwar nicht wie Extremsportler körperlich an meine Grenzen, sondern eher geistig und suche nach Lösungen für hochkomplexe Problemstellungen.“

Der Grundstein dafür kommt aus der Kindheit: Neugierde und Begeisterung waren und sind für ihn die treibende Kraft. Was das Forschungsprojekt betrifft, so habe man bisher einige Zeit darauf verwendet, um die theoretische Beschreibung und Simulation der Abbildung von Bindungen zwischen den Atomen zu erarbeiten, was großteils in seine Dissertation eingeflossen ist.

Seit Kurzem ist das Team in der experimentellen Phase, in der intensiv mit nationalen und internationalen Projektpartnern zusammengearbeitet wird. Dabei sieht man sich die Wechselwirkungen zwischen dem Elektronenstrahl und der Probe genau an. Geforscht wird auch an Graphen, dem derzeit dünnsten Material, so Löffler begeistert.

ZUR PERSON

www.diepresse.com/jungeForschungStefan Löffler wurde 1984 geboren. Er studierte Technische Physik an der TU Wien und schloss im Dezember des Vorjahres seine Dissertation ab. Neben der Physik gilt seine große Leidenschaft der Mathematik, auf die er jedoch über Umwege stieß. Der Zufall wollte es, dass er als Schüler nicht wie geplant an der Physik-Olympiade, sondern an der Mathematik-Olympiade teilnahm. Dort schaffte er es als 18-Jähriger bis in die internationale Ebene. Heute ist er in der Grundlagenforschung zu Hause, hat jedoch stets ein Anwendungsbeispiel zur Hand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)

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