Köhlmeier/Helfer: So ist also die Welt

Die Abgeklärte, die Auseinandersetzerin, der Erfolgsverwöhnte, der Zaunzieher: vier Charaktere.

Die Abgeklärte
Die Abgeklärtheit berührt an ihrem linken Rand die Langeweile, an ihrem rechten den Trotz. Was aber nicht heißt, dass von den beiden in ihr etwas zu finden wäre – nicht die Spur davon! Sie ist eingeklemmt zwischen diesen Klötzen und kann sich nicht bewegen, hat sich aber damit abgefunden. Weswegen der Abgeklärtheit immer etwas Resignatives anhaftet. Es ist möglich, Abgeklärtheit zu erlangen; meistens ist sie jedoch gegeben.

Die Abgeklärte sagt von sich, sie sei alt wie eine Kuh und lerne immer noch dazu. Dass sich dieser Satz reimt, fällt ihr erst auf, als sie ihn einmal laut und in Gesellschaft sagt. Von da an sagt und denkt sie ihn nicht mehr. Gereimtes klingt in ihren Ohren nach gewollter Lebensweisheit, und sie hält sich weder für weise, noch will sie weise sein, noch glaubt sie, dass ein Zustand wie Weisheit irgendetwas mit dem Leben zu tun hat. Angesichts der Natur findet sie den Wunsch, weise zu sein, abgeschmackt. Nicht, weil sie in der Natur den Inbegriff der Weisheit erkennt, sondern im Gegenteil: weil die Natur all diese herrlichen Begriffe – Weisheit, Tugend, Güte, aber auch Torheit, Hoffnung und Wahn – als Illusionen entlarvt.

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