Julian Draxler: Der Mann mit den Zauberfüßen

Julian Draxler.
Julian Draxler.(c) REUTERS (BENOIT TESSIER)
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Julian Draxler war Deutschlands überragender Spieler beim klaren 3:0-Sieg über die Slowakei, der 22-Jährige hat damit Mario Götze aus der Elf verdrängt.

Lille. Julian Draxler wusste, dass er etwas zeigen muss. Und der 22-Jährige erfüllte den Auftrag des Bundestrainers in seinem 22. Länderspiel als Torschütze und Vorbereiter so überzeugend, dass er im Kampf um den linken Offensivflügel Mario Götze ausstach.

„Es war einmal von mir ein Ausrufezeichen bei einem großen Turnier“, sagte Draxler nach dem 3:0 gegen die Slowakei. Die Auszeichnung der Uefa als Man of the Match (Mann des Spiels) in einer starken deutschen Mannschaft hatte sich der Wolfsburger verdient. „Es ist für mich super gelaufen“, sagte er glücklich und stolz im EM-Stadion von Lille.

Götze raus, Draxler rein – diese Maßnahme von Joachim Löw erwies sich als Volltreffer im Achtelfinale. Draxler brachte sein Talent erstmals im Nationaltrikot überragend auf den Platz. „Er hatte den Mut, in die Eins-zu-eins-Situationen zu gehen mit seinem Tempo. Das zweite Tor hat er wirklich klasse vorbereitet, das dritte selbst gemacht“, zählte Löw die herausragenden Szenen penibel auf. Ansonsten hätte er gut gearbeitet, gute Laufwege bestritten.

Draxler lieferte, was Mario Götze im Spiel zuvor gegen Nordirland auf dem linken Außenposten nicht in dieser dynamischen Form draufhatte und vermissen ließ. Tempo-Dribblings, den Zug zum Tor, die nötige Abschlussstärke. Als Löw ihn am Morgen des Spieltags über sein Startelf-Comeback informierte, hatte Draxler überrascht reagiert. Seine dritte Chance in Frankreich aber wollte er entschlossen ergreifen. Er sagte: „Der Trainer hat von mir gefordert und verlangt, dass ich die Eins-gegen-eins-Situationen suche. Das war die Ansprache, die er an mich gerichtet hat. Inwiefern es mein bestes Länderspiel war, das sollen andere beurteilen.“

Das Solo, mit dem er das 2:0 von Mario Gomez vorbereitete, besaß diese geforderte Rasanz und Zielstrebigkeit. Sein zweites Länderspieltor bewies Instinkt und Technik. Es war die Krönung seines Schaffens. Aber Draxler, der beim WM-Triumph 2014 in Brasilien nur einmal kurz auf dem Platz stand, will mehr. „Das ist natürlich das Ziel“, sagte er zum Vorhaben, auch im Viertelfinale am Samstag wieder von Anfang an aufzulaufen. „Gute Argumente habe ich sicherlich geliefert!“

Mit Klinsmann gleichgezogen

Entgegen kam seiner Spielweise auch, dass inzwischen mit Mario Gomez wieder ein richtiger Mittelstürmer auf dem Feld steht. „Mario ist im Strafraum sehr präsent, er schafft Räume für uns. Und beim zweiten Tor hat man wieder gesehen, dass er einfach da ist, wo ein Stürmer auch stehen muss“, lobte Draxler. Gomez, der für Beşiktaş in 33 Spielen 26 Tore erzielt und großen Anteil am Meistertitel hatte, war ein willkommener Abnehmer seines Zuspiels. Er erzielte sein insgesamt fünftes EM-Tor und zog damit als deutscher Rekordschütze mit Jürgen Klinsmann gleich. Er bedankte sich mit einer Lobeshymne: „Julian hat zwei Zauberfüße.“

Zu den Siegern dieses Abends zählte auch Jérôme Boateng. Ihm gelang das 1:0, sein Premierentreffer im 63. Länderspiel. (red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2016)

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