Australian Open: Melzer fordert Rekordmann Federer

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Im Auftaktduell mit Rekord-Grand-Slam-Sieger Roger Federer hofft Österreichs Altmeister Jürgen Melzer auf den Linkshändervorteil und spielt auf Sieg.

Melbourne/Wien. Roger Federer hat es prophezeit. „Wir werden uns in der ersten Runde sehen“, habe ihm der Schweizer in der Qualifikationsphase der Australian Open gesagt, erzählte Jürgen Melzer. Am Montag (10.30 Uhr MEZ, live Eurosport) treffen die beiden Routiniers tatsächlich aufeinander. Und Melzer will das Duell nicht einfach nur genießen: „Ich glaube, dass ich es noch ganz gut kann.“

Die Freude über das fünfte Duell (Stand 3:1 für Federer) mit der einstigen Nummer eins der Welt hält sich beim Niederösterreicher freilich in Grenzen – Verletzungspause von Federer hin oder her. „Ich habe das Gefühl, dass ich im Moment gut spiele, da wäre eine andere Auslosung besser. Es gibt wenige Dinge, die er nicht kann“, meinte Melzer vor seinem ersten Grand-Slam-Hauptrundenauftritt seit den US Open 2015. „Aber ich werde versuchen zu gewinnen. Alles andere wäre fehl am Platz.“

Melzer verriet auch ein mögliches Rezept gegen den 17-fachen Grand-Slam-Champion. „Ich werde ihm nicht alles in die Vorhand spielen, da hat man als Linkshänder auch einen Vorteil“, erklärte der 35-Jährige vor der Partie gegen den gleichaltrigen Federer. Immerhin hat er diesen bereits einmal in die Knie gezwungen. Das sei freilich „ewig her und war auf Sand“, gestand Melzer in Erinnerung an ein 6:4, 6:4 in Monaco 2011. Fazit: „Es muss sehr viel zusammenpassen, damit das in meine Richtung laufen kann.“

Federer ist nervös

Doch auch Federer gestand vor seinem ersten zählenden Match seit Wimbledon vor mehr als sechs Monaten eine „gewisse Nervosität“ ein: „Die große Unbekannte ist, wie ich mehrere lange Matches über drei Gewinnsätze verkraften werde.“ Nach der langen Pause brauche es größere Anstrengungen, „um Punkt für Punkt konzentriert zu bleiben. Aber mit meiner Erfahrung sollte mich das nicht allzu sehr durcheinanderbringen.“

Für Melzer ist nach seiner langwierigen Schulterverletzung das Duell in jedem Fall ein Highlight im Karrierespätherbst. „Es war extrem wichtig, durch die Quali zu kommen, ich fühle mich sehr fit, dann macht es Spaß zu spielen“, meinte der Deutsch-Wagramer. „Ein Sportler spürt, ob er noch große Matches in sich hat. Solange du dieses Gefühl noch hast, ist es einfach falsch aufzuhören.“ Beweisen muss er sich jedenfalls nichts mehr. „Du nimmst es lockerer. Wenn du es aber zu locker nimmst, kriegst du einen Abschuss. Dann brauchst du auch keinem erzählen, dass du es genossen hast.“

Dass der Hauptbewerb dank seines Bruders Gerald, der auf den australischen Wildcard-Spieler Alex de Minaur trifft, nun zur Familiensache wird, sei erfreulich. „Viel schöner aber ist es zu sehen, dass er sich in den Top 100 etabliert hat und so gut Tennis spielt, dass er auch einem gewissen Herrn Murray Paroli bieten kann“, meinte Melzer mit Block auf die knappe 6:7-5:7-Niederlage seines Bruders gegen den Weltranglistenersten Anfang Jänner in Doha.

Die Tenniswelt blickt natürlich gespannt auf Federers Comeback. Nachdem er zwei Major-Turniere ausgelassen hat, greift er an der Stätte von vier seiner Triumphe (zuletzt 2010) wieder an. Erstmals seit 2002 aber nicht mit einer einstelligen Setzung, der Eidgenosse ist dieses Mal als Nummer 17 gesetzt. Ein gutes Omen: Pete Sampras hat bei den US Open 2002 seinen letzten Grand-Slam-Titel von dieser Position aus geholt.

„Nicht gerade hier“

Federers Hauptziel ist es, zumindest noch einmal einen der vier großen Titel zu holen. Zuletzt ist ihm das in Wimbledon 2012 gelungen. Nimmt er die Hürde Jürgen Melzer, wartet auch in Runde zwei ein Qualifikant. Dann aber könnten Tomas Berdych, Kei Nishikori und Andy Murray folgen.

Angesichts von Federers charakterlichen Qualitäten („Ich kenne ihn, seit er 14 ist. Er ist ein am Boden gebliebener Mensch“) würde ihm Melzer „durchaus einen weiteren Grand-Slam-Titel vergönnen, aber vielleicht nicht gerade hier, wenn er gegen mich spielt“. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2017)

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