EU-Strafverfolger für "Binnen-Internet" nach Chinas Vorbild

EUStrafverfolger fuer BinnenInternet nach
EUStrafverfolger fuer BinnenInternet nach(c) DiePresse.com (Daniel Breuss)
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Eine Arbeitsgruppe will ein "virtuelles Schengen" errichten. Jeglicher "unerlaubte" Datenverkehr soll unterbunden werden. Datenschützer, aber auch Politiker schlagen Alarm gegen derartige Zensur-Vorhaben.

Wären EU-Bürger besser vor Cyberkriminellen geschützt, wenn es eine Art EU-Intranet gäbe? Dieser Meinung scheinen Mitglieder der EU-Ratsgruppe Strafverfolgung für Justiz und Inneres zu sein. Die Law Enforcement Working Party (LEWP) ist demnach für europaweite Websperren, um damit ein virtuelles Schengen zu errichten. Ein entsprechender Vorschlag ist unter Punkt 8 im Protokoll einer LEWP-Sitzung (PDF) zu finden, das vor kurzem erst bekannt wurde. durchsetzen sollen diesen "europäischen Cyberspace" die Internetprovider auf Basis von Blacklists.

In der LEWP sind Repräsentanten alle Mitgliedsstaaten vertreten. Während jeder EU-Ratspräsidentschaft tritt das Gremium etwa fünf Mal zusammen. Fragen zu den Themen Justiz, Sicherheit und Inneres werden oft dort erörtert, bevor sie in weiteren Gremien umgesetzt werden. Die Arbeitsgruppe ist daher auch als Teil des legislativen Prozesses innerhalb der EU zu werten. Dasjenige Land, das gerade den EU-Ratsvorsitz hat, sitzt auch der LEWP vor.

"Absurder Vorschlag"

Naturgemäß auf Ablehnung stößt die Idee beim Dachverband der österreichischen Internetprovider, der ISPA. "Es ist ein schlichtweg absurder Vorschlag, der jegliche technische und organisatorische Realitäten des Internets leugnet", sagt deren Generalsekretär Andreas Wildberger im Gespräch mit DiePresse.com. Er fordert statt Zensurmaßnahmen eine verstärkte internationale Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung, auch im digitalen Raum. Dass ausgerechnet bei einer Arbeitsgruppe, in der "Polizei und Zoll" vertreten sind "Vorschläge aus dieser Ecke kommen", überrascht den ISPA-Chef allerdings nicht sonderlich.

"China lässt grüßen"

Für den deutschen Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) lässt hier "China grüßen". Insbesondere die Tatsache, dass im Protokoll von vagen "unerlaubten Inhalten" die Rede ist, sei bedenklich und deute auf umfangreiche Sperrabsichten hier. "Es ist schon erstaunlich, wie viele Gremien immer wieder die chinesische Lösung für das Internet fordern", schreibt der AK Zensur auf seiner Website. Als "Unsinn" und "Quatsch" bezeichnete der deutsche FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz die Idee gegenüber Heise und Golem. Sie sei mit dem Freiheitsgedanken des Internet nicht vereinbar. Andere fürchten, dass hier ein System geschaffen werden könnte, an dem sich repressive Regimes auf der ganzen Welt orientieren könnten.

(db)

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