Amazon steigt als Musikdiskonter in den Ring

Hilfe für den Echo-Lautsprecher.
Hilfe für den Echo-Lautsprecher.(c) Amazon
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Der Versandhändler Amazon will Musikstreaming um die Hälfte der üblichen zehn Dollar pro Monat anbieten. Einziger Haken: So billig gibt es die Musik nur über den hauseigenen Echo-Lautsprecher zu hören.

Wien. Jahrelang gab es für Amazon nur ein Credo: Wachstum um jeden Preis. Je gigantischer, schneller und günstiger das digitale Warenhaus werde, desto besser, predigte Jeff Bezos. Gewinne waren für den Amazon-Gründer die längste Zeit reine Nebensache.

Inzwischen hat sich das doch deutlich geändert. Oder um präzise zu sein: Jeff Bezos muss sich nicht mehr entscheiden, ob sein Unternehmen wachsen oder Gewinn abwerfen soll. Amazon kann längst beides. Zuletzt spielte das Unternehmen immerhin 857 Millionen US-Dollar in nur drei Monaten ein. Genug Geld, um auch weiterhin die kostspielige Expansion des Imperiums voranzutreiben. Denn von seinen Anfängen als reiner Onlinebuchhändler hat sich Amazon weit entfernt. Der Konzern ist einer der größten Anbieter von Onlinespeicherplatz, der schärfste Konkurrent für den Videostreamingpionier Netflix und setzt zunehmend auf selbst gebaute Geräte wie den Kindle-E-Reader.

In den kommenden Wochen will der amerikanische Internetkonzern mit einem Streamingangebot in einer neuen Schlacht mitmischen. Es ist die Schlacht um die Musikliebhaber dieser Welt. Und die größten Gegner heißen Spotify und Apple Music.

Billige Musik nur für daheim

Inhaltlich unterscheidet sich das Angebot von Amazon kaum von jenem der Konkurrenz. Auch Amazon Music will quasi alle Musik der Welt gegen eine Monatsgebühr jederzeit via Stream verfügbar machen. Nur eben um vier bis fünf statt um branchenübliche zehn Dollar pro Monat, berichtet das Onlinemagazin „Recode“.

Doch das günstige Angebot hat einen Haken: So billig kommt nur davon, wer seine Musik zu Hause über Amazons sprachgesteuerten Echo-Lautsprecher hören will. Das Gerät, das um rund 180 US-Dollar/Euro zu haben ist, wurde im Vorjahr eingeführt und verkauft sich bisher eher schleppend. Eine Million Mal wurde der sprachgesteuerte Assistent bisher verkauft. Bis nächstes Jahr sollen es laut Plan zehn Millionen sein. Aber noch ist das Interesse an einem Lautsprecher, der auf Zuruf Bücher oder Pizza bestellt oder die Nachrichten vorliest, eher beschränkt. Vielleicht hilft es ja, wenn er auch Musik zum Schleuderpreis zu bieten hat.

Die Beschränkung auf ein einziges Gerät und auf die eigenen vier Wände ist bis dato einzigartig – und konterkariert die landläufige Meinung in der Branche, dass Musikliebhaber ihre Songs immer und vor allem überall hören wollen. Die meisten Anbieter konzentrieren sich auf die Nutzer von Smartphones – sind aber auch entsprechend teurer.

Verhandlungen laufen noch

Zusätzlich zur Billigvariante will Amazon im September auch eine teurere Streaminglösung für den mobilen Einsatz auf den Markt bringen. Dabei sollen Nutzer Songs offline abspeichern können, um auch ohne Internetverbindung Musik hören zu können. Der Preis dürfte sich etwa bei der Konkurrenz einpendeln.

Schon heute können Mitglieder von Amazon Prime bei Amazon Music kostenlos Musik hören. Die Auswahl ist begrenzt. Es ist anzunehmen, dass das neue Angebot eine breitere Auswahl bieten wird. In Stein gemeißelt ist das nicht, denn die Verhandlungen mit den Labels laufen noch. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2016)

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