Start-up Wikidocs verkauft: »Es ist extrem nervenzehrend«

Haymo Meran hat das geschafft, wovon viele Jungunternehmer träumen: Er hat sein Start-up eben an einen australischen Konzern verkauft. Ein Gespräch über Millionen, zähe Verhandlungen und das, was einem vom Kaufpreis übrig bleibt.

Gratuliere, Sie haben eben Ihr Start-up Wikidocs an das australische Unternehmen Atlassian verkauft. Wie kam es dazu?

Haymo Meran: Wir haben seit der Gründung 2012 versucht, unsere Idee weiterzuentwickeln. Wikidocs ist eine Technologie, die einen gemeinsam am gleichen Text arbeiten lässt und die Softwarehersteller in ihr Programm einbauen können. Das ist auch der Unterschied zu Google Docs. Unsere Zielgruppe sind nicht Endanwender, sondern Unternehmen, die unsere Technologie ihren Kunden zur Verfügung stellt. Nur die Finanzierung war immer ein Problem. Also haben wir gesagt, bevor uns jemand überholt, müssen wir schnell regieren.

Und wie geht man da am besten vor?

Wir wollten jemanden, der uns hilft, das Produkt in Silicon Valley bekannt zu machen. So sind wir zu Speedinvest (einem österr. Business-Angel-Fonds, Anm.) gekommen. Die waren gleich begeistert, haben in uns investiert. Das Wichtigste war aber, dass sie eine Brücke in die USA gebildet haben, ein Mitarbeiter hat uns monatelang begleitet und uns Termine bei guten Firmen organisiert. Ich bin dann ein paar Monate nach San Francisco gezogen und habe das Projekt präsentiert. Und da sind wir bei einem der Termine auch bei der Softwarefirma Atlassian gelandet. Die sind Weltmarktführer, arbeiten viel mit Kooperationssoftware und waren damit unsere absolute Zielgruppe.

Sie hatten ja mehrere Angebote. Wieso haben Sie sich für Atlassian entschieden?

Die Firma war die zugänglichste, die haben uns am meisten zugehört. Der zweite Aspekt war ein finanzieller. Atlassian hat verstanden, was sie mit Wikidocs erreichen können. Damit war es entsprechend wertvoll für sie.

Um wie viel haben Sie verkauft?

Das darf ich nicht sagen.

Der Kaufbetrag gehört jetzt Ihnen allein?

Ich habe zwei Gründungspartner. Dann ist noch Speedinvest beteiligt, die APA und ein Mitarbeiter.

Das heißt, Sie sind jetzt alle Millionäre?

Na ja. Was man jetzt schon sagen muss, um solche großen Beträge in Relation zu setzen: Erstens einmal wird auf die Teilhaber aufgeteilt und dann sind da noch die Kosten für den Verkauf. Ein paar Hunderttausend gehen da schon einmal für Anwälte, Reise- und Abwicklungskosten drauf. Und dann ist da noch der österreichische Staat. Der steckt schnell einmal 50 Prozent ein.

50 Prozent? Das klingt jetzt aber viel.

Nicht genau 50 Prozent, aber auf 45Prozent kommt man schon. Man muss sich das einmal durchrechnen, wenn man liest, dass jemand um zehn Millionen Dollar verkauft hat. Wenn der Gründer Teilhaber hat, dann hat er selbst vielleicht nur noch ein paar Prozent. Von denen muss er noch einmal 40 bis 50 Prozent dem Staat abgeben. Das ist dann nicht mehr so toll.

Wie lange hat der Verkauf gedauert?

Vier bis fünf Monate.

Wie läuft so etwas ab?

Zuerst stellt man sich vor, dann wollte Atlassian sich das Produkt genauer ansehen. Wir sind dafür für zwei Wochen nach Sydney geflogen. Sie kauften ja nicht nur das Produkt, sondern auch uns mit. Danach wird am Vertrag gearbeitet. Atlassian sitzt zwar in Sydney, aber die Anwälte, die den Verkauf abwickelten, in San Francisco. Die sind US-Standards für die Verträge gewöhnt. Und das ist schon happig. Bei den Verhandlungen ging es um Haftungen, Preis und Konditionen. Wenn der Vertrag 50 Seiten lang ist und auf jeder Seite drei bis vier Sachen sind, dann hat man schon ein bisschen zu diskutieren.

Das ist wohl etwas anstrengend.

Das ist extrem nervenzehrend. Weil es parallel zum Tagesgeschäft laufen muss. Ich kann ja nicht für Monate aufhören, das Produkt weiterzuentwickeln. Ich war außerdem meistens in Wien. Also habe ich in der Früh, um fünf oder sechs Uhr, mit Australien geredet, dort saßen die Techniker und die Finanzchefin. Dann habe ich untertags gearbeitet und am Abend fanden die Gespräche mit San Francisco statt. Wenn alle an einen Tisch mussten, dann hat das um ein Uhr nachts angefangen und bis drei oder vier in der Früh gedauert.

Wie geht es jetzt für Sie weiter?

Ich bin seit Ende Juli in Sydney. Wikidocs wird nicht mehr als eigenständiges Produkt weiterexistieren, sondern in die Atlassian-Produkte integriert. Der nächste Schritt ist jetzt, die Technologie mit Atlassian groß zu machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2014)

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