Sport Eybl: Der Mitarbeiter als potenzieller Dieb

THEMENBILD: SPORT EYBL
THEMENBILD: SPORT EYBL(c) APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Der Betriebsrat der Handelskette erhebt schwere Vorwürfe gegen die neuen britischen Eigentümer: Offenbar stünden alle Mitarbeiter unter Generalverdacht.

Wien. Managerhosen und Mitarbeiterhosen. Ja, so etwas gibt es. Und zwar als neue Dienstbekleidung in den Sport-Eybl/Sports-Experts-Filialen, die seit April zur Gänze dem britischen Diskonter Sports Direct gehören. Der kleine Unterschied: Managerhosen haben Taschen, Mitarbeiterhosen nicht.

Die britische Konzernführung nimmt das offenbar sehr wichtig: „Bitte beachtet besonders den Unterschied“, hieß es in der deutschen Version des Informationsblattes, das die Filialen dazu erhielten. Auch aus dem Grund dafür habe man kein Hehl gemacht, sagt Eybl-Betriebsrätin Claudia Swoboda auf „Presse“-Anfrage: Trügen Verkaufsmitarbeiter Hosen mit Taschen, könnten sie etwas stehlen, hätten die Briten ausrichten lassen. Dieser Generalverdacht, aber auch die Tatsache, dass die Betroffenen „nicht einmal mehr ein Taschentuch bei sich tragen können“, sei diskriminierend und verstoße gegen die Menschenwürde, sagt Swoboda. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass diese Bekleidungsvorschrift „anderswo“ – gemeint ist Großbritannien – offenbar stillschweigend hingenommen worden sei.

Wohin geht die Reise?

Detail am Rande: Jeder Verkaufsmitarbeiter ist zwar verpflichtet, die Dienstkleidung zu tragen, bekommt laut Swoboda nach derzeitigem Stand aber nur einmal eine Grundausstattung von vier Poloshirts und zwei (taschenlosen) Hosen. Wer etwas Neues brauche, solle künftig dafür zahlen müssen.

In einem APA-Interview erhoben die Eybl-Betriebsräte gestern aber noch weit mehr Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber. Vor allem herrsche extreme Verunsicherung, weil der neue Eigentümer zwar bereits dabei sei, die Handelskette umzukrempeln, aber die Betroffenen nicht ausreichend darüber informiere, wohin die Reise geht.

Allgemein wird erwartet, dass aus dem bisherigen Markenartikler ein reiner Diskonter werden soll. Auf der personellen Seite heißt das, dass künftig womöglich immer weniger Fachberater und immer mehr bloße Regalbetreuer gebraucht werden. Noch ist es aber nicht so weit, die Umstellung ist noch nicht gänzlich vollzogen. In manchen Filialen sollen entsprechende Umstrukturierungen und Sortimentsveränderungen sogar schon wieder rückgängig gemacht worden sein.

Bei den Mitarbeitern geht auch die Angst vor Jobverlust um. Zwar gab es bisher keine Kündigungen, zwei Filialen wurden aber bereits geschlossen, zwei weiteren der noch bestehenden 53 – einer in Wien und einer in Niederösterreich – könnte das ebenfalls bald bevorstehen. Einen Sozialplan lehnt die Geschäftsführung bislang ab, mit dem Argument, dass es auch künftig keinen Jobabbau geben soll. Letzteres bestätigt auch Swoboda – aber niemand wisse, wo die Mitarbeiter der weiteren Schließungskandidaten unterkommen sollen: „Denen hat man gesagt, sie sollen sich in anderen Filialen vorstellen gehen.“

„Frist nicht abgewartet“

Auch in der Welser Zentrale soll es mehr Personal geben als tatsächlich gebraucht wird. Denn Einkauf und Logistik werden jetzt zum Großteil von England aus bewerkstelligt. Ganze Abteilungen hätten praktisch keine Arbeit mehr, sagt Swoboda, manche Mitarbeiter hätten sich selbst ein neues Tätigkeitsfeld gesucht, „oder sie sitzen da und warten, dass der Tag vorbeigeht“.

Der Betriebsrat möchte von der Geschäftsführung bis 15. September konkrete Lösungsvorschläge. Auf „Presse“-Anfrage zeigte sich denn auch Unternehmenssprecherin Judith Gerhofer „überrascht“ darüber, dass der Betriebsrat diese Frist nicht abgewartet hat, sondern vorher an die Öffentlichkeit gegangen ist. Man sei aber weiterhin dialogbereit und werde „gesetzliche Vorschriften einhalten“. Dass „diese Themen jetzt über die Medien ausgetragen werden“, kritisierte auch der kürzlich von Sports Direct eingesetzte neue Österreich-Geschäftsführer Thomas Bittermann gegenüber der APA. Er wies auch den Vorwurf zurück, Mitarbeiter würden unter Generalverdacht gestellt. Man sei mit dem Betriebsrat in Bezug auf viele Punkte in Gesprächen, betonte er.

AUF EINEN BLICK

Sport Eybl ist nicht das erste Unternehmen, in dem der Vorwurf laut wird, Mitarbeiter würden unter Generalverdacht gestellt. So gab es zu Jahresbeginn Aufregung um Leibesvisitationen im Media Markt Krems; das Problem wurde rasch abgestellt. Schon vor Jahren ging es in einem Arbeitskonflikt bei Kik unter anderem um den Vorwurf, Mitarbeiter seien bespitzelt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

THEMENBILD: SPORT EYBL
Österreich

"Sind hier nicht in England": Heftige Kritik an Eybl-Eigentümern

Kein Sozialplan, keine Betriebsvereinbarung - und Hosentaschen nur für Manager: Der Eybl-Betriebsrat erhebt schwere Vorwürfe gegen Sports Direct.
Österreich

Chefwechsel bei Eybl-Nachfolger: Bittermann folgt Weccardt

Die Umstrukturierungen bei Sports Direct hinterlassen tiefe Spuren: Nun soll Jurist Thomas Bittermann das Ruder vom Vertriebsexperten übernehmen.
THEMENBILD: SPORTS DIRECT
Österreich

Aus für Sport Eybl: Fachhandel wittert "große Chance"

Die Marke Sport Eybl verschwindet. Der heimische Sporthandel erwartet, dass "qualitätsorientierte Kunden" nach Alternativen suchen.
THEMENBILD: SPORT EYBL
Österreich

Briten stampfen Traditionsmarke Sport Eybl ein

Der britische Alleineigentümer Sports Direct will das Unternehmen von Grund auf erneuern. Was mit den Standorten und Jobs in Österreich passiert, ist noch völlig unklar.
THEMENBILD: SPORT EYBL
Österreich

"Sind hier nicht in England": Heftige Kritik an Eybl-Eigentümern

Kein Sozialplan, keine Betriebsvereinbarung - und Hosentaschen nur für Manager: Der Eybl-Betriebsrat erhebt schwere Vorwürfe gegen Sports Direct.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.