BayernLB wollte lieber die Bawag als die Hypo

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Noch im Jahr 2006 habe die BayernLB keinerlei Interesse an der Hypo gehabt, sagte der frühere Hypo-Chef, Tilo Berlin, aus.

München/Wien. Der Bayerischen Landesbank (BayernLB) wäre das Milliardendesaster mit der österreichischen Problembank Hypo Alpe Adria fast erspart geblieben. Noch im Jahr 2006 habe die BayernLB keinerlei Interesse an einem Einstieg bei der Hypo gehabt, sagte deren früherer Vorstandschef, Tilo Berlin, am Montag als Zeuge im Strafprozess gegen ehemalige Vorstände der BayernLB vor dem Landgericht München.

Der damalige BayernLB-Chef, Werner Schmidt, habe die Kärntner Hypo abblitzen lassen und gesagt, dass ein Einstieg für ihn überhaupt nicht infrage komme: „So wie Herr Schmidt manche Dinge kategorisch abgelehnt hat“, wie Berlin aussagt. Ähnlich hat sich vor einigen Monaten auch Berlins Vorgänger als Vorstandschef der später notverstaatlichten Hypo, Wolfgang Kulterer, als Zeuge geäußert. „Die Hypo ist uns zu schlecht“, soll Schmidt gesagt haben.

Kurze Zeit später änderte Schmidt aber seine Meinung: Als die BayernLB in der Übernahmeschlacht um die österreichische Bank Bawag scheiterte, fand der Vorstand die Hypo Alpe Adria doch höchst interessant und unterschrieb im Mai 2007 um rund 1,6 Milliarden Euro den Kaufvertrag für die Mehrheit an der Bank.

Desaster für Steuerzahler

Die Übernahme endete in einem Desaster für die deutschen Steuerzahler und brachte Schmidt und seine BayernLB-Kollegen wegen Untreue vor Gericht.

Die Staatsanwaltschaft München geht davon aus, dass Schmidt das Scheitern bei der Bawag als größte Niederlage seines Berufslebens empfunden habe. Bei der Hypo habe er sich deshalb über Bedenken hinweggesetzt, um nach dem Motto „Augen zu und durch“ doch noch einen Erfolg vorweisen zu können. Schmidt ist zusammen mit seinem einstigen Vize Rudolf Hanisch der Letzte aus der Riege der Ex-Vorstände, der sich noch vor Gericht verantworten muss. Gegen vier weitere Ex-Vorstände der Bayerischen Landesbank ist das Verfahren Ende August gegen Geldauflagen eingestellt worden. Alle Angeklagten haben die Vorwürfe bestritten und versichert, sie hätten große Chancen für die Landesbank gesehen.

Die Aussage von Berlin ist in dem Prozess mit Spannung erwartet worden, da er als eine der Schlüsselfiguren in dem Drama um die Hypo Alpe Adria gilt. Er hat mit seiner Firma für Vermögensanlagen 2006 wesentliche Teile der Bank mit Sitz in Klagenfurt erworben und später mit hohem Gewinn an die BayernLB weiterverkauft. An einem Verkaufsgespräch auf seinem Biobauernhof nahe der Kärntner Landeshauptstadt hat auch der verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider teilgenommen, den Schmidt und Hanisch laut Anklage bestochen haben sollen, um die Zustimmung zu dem Geschäft zu erhalten.

„Eine katastrophale Situation“

Berlin nutzte in entscheidenden Punkten aber sein Recht zur Verweigerung der Zeugenaussage, da auch gegen ihn noch immer Ermittlungen laufen. Berlin war ursprünglich bereits im März als Zeuge geladen, hatte sich aber wegen anderer Termine entschuldigen lassen und damit den Vorsitzenden Richter Joachim Eckert geärgert. Denn gleichzeitig berichteten österreichische Medien, dass Berlin beim Golfspielen gesehen worden war. „Zum Golfspielen hatte er wohl Zeit“, kritisierte der Richter – und schickte ihm wenig später erneut eine Zeugenladung. In Österreich war Berlin im Frühjahr 2014 wegen Nebenabreden mit Investoren zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt worden. Dagegen legten seine Anwälte aber Berufung ein, sodass das Urteil nicht rechtskräftig ist.

Im Frühjahr 2014 hat Ex-Hypo-Chef Kulterer in München ausgesagt, dass die Hypo bereits vor dem Einstieg der BayernLB schwer angeschlagen gewesen sei. „Das war eine katastrophale Situation, was die Eigenmittel betrifft“, so Kulterer. Zwar hat die Hypo noch vor dem Einstieg der BayernLB neue Aktien ausgegeben, um ihr dünnes Eigenkapitalpolster aufzubessern. Die Kapitalerhöhung habe man aber nur „mit Ach und Krach geschafft“, sagte Kulterer. Die schwierige Lage sei auch dem damaligen BayernLB-Chef Schmidt bewusst gewesen. (APA/dpa)

AUF EINEN BLICK

Das Milliardendebakel mit der Hypo Alpe Adria wäre der BayernLB beinahe erspart geblieben. Noch im Jahr 2006 habe die BayernLB keinerlei Interesse an einem Einstieg bei der Hypo gehabt, sagte deren früherer Vorstandschef, Tilo Berlin, am Montag als Zeuge im Strafprozess gegen ehemalige Vorstände vor dem Landgericht München. Als die BayernLB im Bieterwettstreit um die österreichische Bank Bawag scheiterte, fand sie die Hypo doch interessant.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2014)

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