Chronik eines politischen Bauchflecks

The logo of nationalised lender Hypo Alpe Adria is pictured atop the bank´s headquarters in Klagenfurt
The logo of nationalised lender Hypo Alpe Adria is pictured atop the bank´s headquarters in Klagenfurt(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Beratungsresistenz, Überheblichkeit und dramatische Fehleinschätzung waren dafür verantwortlich, dass die Republik über den Tisch gezogen werden konnte.

Wien. Das „systemische Versagen“ bei der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria ist im viel diskutierten Bericht der Griss-Kommission schon gut zusammengefasst worden. Tenor: Die österreichischen Verhandler haben sich schlecht vorbereitet in eine übereilte Notverstaatlichung treiben lassen – und haben danach so ziemlich alles falsch gemacht. Spricht man mit Insidern, verschärft sich diese Betrachtung noch: Dann zeigt sich das Bild beratungsresistenter Politiker und Beamten, die an den Gremien vorbei in die Bank regieren, sich vom bestens vorbereiteten und beratenen „Vertragspartner“ BayernLB über den Tisch ziehen lassen – und dann auch noch die EU gegen sich aufbringen.

Die erste wirkliche Gelegenheit, die von Jörg Haiders Freiheitlichen an die Wand gefahrene Bank in den Griff zu bekommen, hätte es 2006 gegeben, als die Nationalbank verschiedene Unregelmäßigkeiten, darunter gravierende Mängel im Kreditmanagement, feststellte. Damals waren in der Bank gerade Investorengruppen aktiv. Die Sache sei, so ein Insider, nach einer Intervention Haiders sehr schnell abgedreht worden. Notenbank-Chef war damals Klaus Liebscher, der später in der Aufarbeitung des Skandals eine tragende Rolle spielte.

Der zweite Knackpunkt, so der Insider, sei die Einbringung von Partizipationskapital knapp vor der Verstaatlichung gewesen. Damals habe die Nationalbank, die die Bank als „not distressed“ beurteilte, offenbar schon mehr gewusst, aber nicht adäquat reagiert. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man auch die Stellung der BayernLB genauer recherchieren müssen. Das hätte eine wesentlich bessere Ausgangslage für die Verstaatlichungsverhandlungen erbracht.

Dilettantische Verstaatlichung

Die Verstaatlichung selbst („die teuerste Nacht der Republik“) sei maximal dilettantisch verlaufen. Die österreichischen Verhandler seien ziemlich unvorbereitet und ohne externe Beratung in die Gespräche gegangen, Bayern habe sich dagegen der Expertise internationaler Berater (Morgan Stanley, Freshfield) versichert. Die Folge waren Vertragsklauseln, die den Bayern weiter Mitsprache gewährten und den Österreichern völlig die Hände banden. Dass Banken ohne Investmentbank und ohne externe Rechtsberatung übernommen werden, dürfte einmalig sein.

Ein eigenes Kapitel war dann der Umgang mit der EU: Finanzministerin Maria Fekter, die strikt gegen eine Bad-Bank-Lösung war, brachte Brüssel mit einer EuGH-Klage in einer Beihilfenangelegenheit gegen sich auf. Die Folge waren besonders strenge Auflagen und enge Zeitrahmen für die Hypo. Zudem wurden Beamte zu Interventionen nach Brüssel geschickt, während in Deutschland etwa die Bundeskanzlerin selbst aktiv wurde. Der Insider: „Spätestens 2012 hätte die gesamte Regierungsspitze (Bundeskanzler, Vizekanzler und Finanzminister) in Brüssel einmarschieren müssen.“

Fazit des Hypo-Kenners: „Jetzt wäre es vielleicht wirklich besser, schickte man die Heta (Hypo-Bad-Bank) in Konkurs.“ (ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2014)

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