Budget: Ein Pakt für ein sparsames Land

"Eine Koalition ist wie eine Ehe: Man löst die Probleme gemeinsam, die man allein nicht hätte", Hans Jörg Schelling, Finanzminister.
"Eine Koalition ist wie eine Ehe: Man löst die Probleme gemeinsam, die man allein nicht hätte", Hans Jörg Schelling, Finanzminister.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Finanzminister Schelling will Ausgaben und Aufgaben des Staates überprüfen und kürzen, um so bis zum Jahr 2021 insgesamt 3,8 Milliarden Euro einzusparen. Auch die Opposition soll am Pakt mitarbeiten.

Wien. Es war die dritte Rede eines Politikers kurz nach Beginn des neuen Jahres, und auch sie erinnerte ein wenig an die Neujahrsvorsätze, die im Jänner Tausende Menschen ins Fitnessstudio treiben, aber über den Monat hinaus keinen Bestand haben. Hans Jörg Schelling betonte deshalb zu Beginn seiner gestrigen Rede, dass seine Ideen für Österreich – nach jenen von Bundeskanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner – „keine Vorsätze“ seien, sondern „ein Arbeitsprogramm für die nächsten 18 Monate“.

Ein ziemlich ambitioniertes, wie man nach der 70-minütigen, frei gehaltenen Rede des Finanzministers schlussfolgern musste: Schelling will bis zum Jahr 2021 die Schuldenquote auf unter 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduzieren. Ab dem Jahr soll auch ein echter Budgetüberschuss erwirtschaftet werden. Damit habe man im Budget auch wieder Spielraum, wenn die Zeiten schwieriger werden.


Pakt für Österreich. Grundlage dafür soll ein Pakt für Österreich sein, den Schelling nach dem Vorbild einer überparteilichen Allianz in Schweden aus dem Jahr 2014 (siehe dazu Seite 2), abschließen will. „Alle“ sollen an diesem Pakt teilnehmen, „auch die Opposition, weil Forderungen zu stellen und Nein zu sagen einfach zu wenig ist“.

Dieser Pakt soll unabhängig von Wahlergebnissen auch für künftige Regierungen bis zum Jahr 2021 gelten. „Die einzige Frage, die wir uns bei diesem Pakt für Österreich zu stellen haben, lautet: Ist das, was wir tun, gut für unser Land und für die Menschen?“, betonte Schelling. Er wolle keinen Kuhhandel, und es dürfe keinen geben: „Zahnspange gegen Handwerkerbonus geht mir zu weit.“


Sparpaket. Um die Ziele zu erreichen, griff der Finanzminister auf, was er bei seiner Budgetrede im Oktober 2016 bereits angekündigt hatte: Man müsse die Ausgaben in allen Bereichen des Bundes durchforsten, bei Pensionen, Gesundheit, Familien, Beamten, Landwirtschaft, Föderalismus. Dazu kämen die Milliarden, die in einen „Wildwuchs an Förderungen“ fließen würden.

Einige Reformideen sprach Schelling nur im Stakkato an: Einheitliches Pensionssystem, weiterhin Selbstbehalte im Gesundheitssystem, die Sozialpartner als Standortpartner, kein Kündigungsschutz für über 50-Jährige. Mit den Einschnitten, die sofort beginnen sollten, könne man bis zum Ende des laufenden Finanzrahmens 3,8 Mrd. Euro einsparen. Ein Drittel der Einsparungen soll wieder zweckgewidmet in „Investitionen in die Zukunft“ fließen, also in die Bereiche Bildung, Forschung, Infrastruktur.


Steuern. Mit Reformen im Steuersystem sollen mehr Jobs geschaffen werden. Angefangen bei der lang diskutierten Abschaffung der kalten Progression über einen gestaffelten Tarif für die Sozialversicherungsbeiträge (bis 700 Euro sollen nur 50 Prozent der Beiträge fällig sein), die schnellere Abschaffung des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent, die Möglichkeit, auch höhere Managergehälter wieder voll abzuschreiben, bis hin zu einer Ökologisierung des Steuersystems (eine CO2-Abgabe könne es aber nur im europäischen Gleichklang geben, die Einnahmen müssten in die Senkung der Lohnnebenkosten fließen).

Wichtig sei zudem eine Senkung der Körperschaftsteuer, die man etwa an die Schaffung von Arbeitsplätzen knüpfen könne. Wirtschafts- und Arbeiterkammer müssten für drei Jahre auf die Beiträge für neu geschaffene Arbeitsplätze verzichten.

Erneut betonte der Finanzminister, dass es mit ihm keine neuen Steuern (etwa eine Erbschaftssteuer) geben werde.
Verwaltung als Partner. Auch das endlose Thema Entbürokratisierung brachte Schelling in seiner gestrigen Rede, angefangen von einer Bundesstaatsreform bis hin zu den Behörden, die schneller arbeiten und entscheiden müssten. Das Arbeitsinspektorat müsse modernisiert werden und solle sich als Partner sehen: Bei ersten Vergehen solle es keine Strafen geben, sondern eine Beratung. Die Finanzverwaltung müsse wiederum Partner der Bürger sein, für Unternehmen müsse es ein einfacheres Steuergesetz geben.


Seinen Politikerkollegen redete Schelling in den 70 Minuten ins Gewissen. „Wir scheitern an unserem eigenen Unvermögen, wir scheitern aber auch an ideologischen Barrieren – da schließe ich alle mit ein, mich auch.“ Und: Politiker seien derzeit so unbeliebt, dass sie keine unpopulären Maßnahmen fürchten müssten.

Seitenhiebe gab es für den SPÖ-Chef und Bundeskanzler, Christian Kern, und dessen Rede zum Plan A, die dieser in Wels vorgetragen hatte. „Für mich heißt A arbeiten“, sagte Schelling, legte demonstrativ das Sakko ab und krempelte die Ärmel hoch. Oder: „Wenn man einen Plan A hat, braucht man auch einen Plan B, der heißt beginnen.“ Und zu Kerns Kampfansage an die schlechte Laune im Land: „Die Hoffnung, dass gute Laune das Budget saniert, ist falsch und vor allem trügerisch.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Leitartikel

Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Staates stimmt nicht mehr

Macht der Staat das Richtige mit dem Geld, das er von den Bürgern erhält? Finanzminister Schelling bezweifelt das. Und er ist wohl nicht der Einzige.
Österreich

Schellings Vorbild Schweden

Die schwedische Regierung stand vor dem Sturz – und rettete sich mit einem langfristigen Abkommen mit Teilen der Opposition.
Hans Jörg Schelling
Österreich

Schelling: "Kein Wunder, dass die Menschen sauer sind"

Nach Kanzler Kern präsentierte auch Finanzminister Schelling seinen Plan für Österreich. Neuen Steuern erteilte er eine Absage. Bis Ende 2020 will er 3,8 Milliarden Euro einsparen.
JAHRESKONFERENZ VEREIN INDUSTRIE 4.0 OeSTERREICH: KASKE
Österreich

Arbeiterkammer: "Schellings Reformen schaffen kein Wachstum"

Schelling sollte besser darauf achten, dass die Steuerschlupflöcher für internationale Konzerne geschlossen werden, kritisiert AK-Chef Kaske.
Austria's far right Freedom Party Secretary General Kickl address the media in Vienna
Österreich

FPÖ: "Wettlauf, wer die dicksten Phrasen drischt"

Die Opposition zweifelt daran, dass Schellings Vorschläge in die Realität umgesetzt werden können.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.