Ruttenstorfer: Auf Umwegen zum Präsidenten

OMV-CHEF WOLFGANG RUTTENSTORFER
OMV-CHEF WOLFGANG RUTTENSTORFER(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Ex-OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer wäre gern Aufsichtsratspräsident des Ölkonzerns geworden. Doch seine Parteifreunde in der SPÖ legten sich quer. Dafür darf er Präsident der Telekom Austria werden.

Manchmal kommt es anders, als man denkt. Wer weiß das besser als Wolfgang Ruttenstorfer? Der heute 64-Jährige hat eine Bilderbuchkarriere hingelegt – er war einst SPÖ-Beamtenstaatssekretär und dann auch OMV-Generaldirektor. Aber danach sind die Dinge karrieretechnisch ein wenig holprig verlaufen. Zwar wird sein Name oft genannt, wenn irgendwo im Land ein wichtiger Posten frei wird. Das ist es aber auch schon.
Anfang 2011 beispielsweise. Da bewarb sich Wolfgang Ruttenstorfer als ÖIAG-Chef – und er hatte auch viele Fürsprecher. Doch es wurde nichts daraus: Über Ruttenstorfer hing damals noch das Damoklesschwert eines Prozesses wegen mutmaßlichen Insiderhandels. Später wurde er zwar freigesprochen, allerdings zu spät. Der Job war schon an Markus Beyrer gegangen. Dumm gelaufen.

Und jetzt schon wieder: Wolfgang Ruttenstorfer galt lange Zeit als logischer Präsident des OMV-Aufsichtsrates. Der Posten wird ja am 19. Mai frei – der jetzige ÖBIB-Chef, Rudolf Kemler, geht. Für Ruttenstorfer schien in den vergangenen Wochen alles wie am Schnürchen zu laufen: Den Posten wollte er liebend gern übernehmen, wird in seinem Umfeld erzählt. Und auch die ÖVP hatte absolut keine Einwände. Im Gegenteil: Parteigranden erzählten in den vergangenen Tagen sogar hinter vorgehaltener Hand, dass Ruttenstorfer OMV-Präsident wird. Total fix.
Doch dann kam die SPÖ. Und die stemmte sich mit aller Macht gegen die Inthronisierung von Parteifreund Ruttenstorfer im OMV-Aufsichtsrat. Man höre und staune.
Die Genossen haben sich jedenfalls durchgesetzt. Der Chef des Papierkonzerns Mondi, Peter Oswald, wird Präsident des OMV-Kontrollgremiums.

Doch wer waren Ruttenstorfers Widersacher? Insider berichten, dass sich die OMV-Belegschaftsvertreter dagegen ausgesprochen haben, dass ihr einstiger Chef wieder in den Konzern zurückkommt. Ausschlaggebend war aber jemand ganz anderer: Auch Günter Geyer soll sich massiv gegen die Rochade ausgesprochen haben.
Günter Geyer ist der frühere Chef der Wiener Städtischen Versicherung. Ein durchaus mächtiger Mann in der SPÖ. Kanzler Werner Faymann hört gern auf ihn – was die wenigsten von sich behaupten können. Und so kam es, dass Günter Geyer eine recht wichtige Funktion überantwortet wurde: Er sitzt neben den Staatssekretären Sonja Steßl (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) sowie Andritz-Chef Wolfgang Leitner im Nominierungskomitee der Staatsholding ÖBIB. Jenem Komitee, das am vergangenen Mittwoch Aufsichtsräte für OMV, Telekom Austria und Post nominiert hat.
Warum Geyer gegen Ruttenstorfer als OMV-Präsident war, ist offiziell nicht überliefert. Geyer wollte gegenüber der „Presse“ keinen Kommentar dazu abgeben – weil es sich um eine „Falschmeldung“ handle, wie er ausrichten ließ.

Insider erzählen aber, dass er und Ruttenstorfer „sicher nicht die besten Freunde“ sind. Das dürfte damit zu tun haben, dass Wolfgang Ruttenstorfer bis zum Sommer 2014 Aufsichtsratspräsident der Vienna Insurance Group war. Dort war Geyer Generaldirektor – bis Mai 2012. Was aber nichts daran ändert, dass Geyer nach wie vor Vorstand des Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherungsvereins ist. Er ist also immer noch graue Eminenz im Versicherungskonzern.

Unschwer zu erraten, dass es seinerzeit zwischen Aufsichtsratspräsident Ruttenstorfer und Machthaber Geyer regelmäßig Differenzen über Kompetenzen gab. Im Sommer 2014 wurde Ruttenstorfer jedenfalls beschieden: Er müsse gehen – Günter Geyer wurde sein Nachfolger im Aufsichtsrat.

Am Mittwoch vergangener Woche wurden also neue Fakten geschaffen. Die rote Staatssekretärin Steßl, die im Nominierungskomitee eigentlich den Vorsitz führt, gab klein bei – Ruttenstorfer ging beim OMV-Posten leer aus. Journalisten wurde das inoffiziell mit Unvereinbarkeiten begründet: Ruttenstorfer sei im Board of Directors der Gazprom-Tochter Naftna Industrija Srbije. Stimmt. Aber Ruttenstorfer hätte, wie sein Umfeld bereitwillig erzählt, diesen Job sofort abgegeben.

Sei's drum. Aus dem OMV-Job wurde nichts, dafür wird Wolfgang Ruttenstorfer Aufsichtsratspräsident der Telekom Austria. Sein Präsidententitel ist also gesichert. Die Frage ist halt: Ist das ein probater Ersatz?
Eher nicht. Denn als Präsident der Telekom Austria genießt Wolfgang Ruttenstorfer nur sehr überschaubare Macht: Von den zehn Kapitalvertretern im Aufsichtsrat wurden acht vom Mehrheitsaktionär América Móvil nominiert. Ruttenstorfer wird dort also wenig bewegen können. Seine Aufgabe wird in erster Linie darin bestehen, mit den Mexikanern ein gutes Einvernehmen zu haben. Das war's aber dann auch schon.

Überraschend ist das „Avancement“ Ruttenstorfers aber allemal. Er war nämlich bereits viele Jahre Aufsichtsratsmitglied der Telekom Austria, schied aber im vergangenen Herbst – als Aufsichtsratsmitglied entlastet – aus. Ehemalige Aufsichtsratskollegen beschreiben ihn als durchaus angriffig – aber letztlich doch sehr vorsichtig, wenn es um knallharte Konsequenzen ging. Als beispielsweise im Aufsichtsrat darüber diskutiert wurde, den Vertrag des einstigen Finanzvorstands Hans Tschuden einvernehmlich aufzulösen, habe Ruttenstorfer äußerst zurückhaltend und abwiegelnd agiert.

Mit der rauen Welt der Mexikaner wird Wolfgang Ruttenstorfer also neuerlich zu leben lernen müssen. Auch egal. Jetzt hat er jedenfalls wieder einen Job. Dass vor ihm zwei Personen diese Funktion angeboten wurde, diese aber absagten, soll seine Freude nicht schmälern.

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