Hört die Signale (der FPÖ)

Strache & Haimbuchner in Siegerlaune: „Intensive Kontakte zur Wirtschaft.“
Strache & Haimbuchner in Siegerlaune: „Intensive Kontakte zur Wirtschaft.“APA/Fotokerschi
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Wirtschaftspolitik. Die FPÖ ist gerade dabei, wirtschaftspolitisch aufzurüsten. Ihre Signale an die Wirtschaft werden von Industriellenvereinigung und Wirtschaftsbund wohlwollend vernommen.

Aus der Geschichte hat Manfred Haimbuchner zweifellos gelernt. Aus der jüngeren jedenfalls. Das Jahr 2000 ist demnach so etwas wie ein politischer Wegweiser: Damals kam bekanntlich die schwarz-blaue Wenderegierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel zustande. Die notwendige Unterstützung dafür hatte der ÖVP-Chef von der Wirtschaft, genauer gesagt: von der Industriellenvereinigung bekommen.

Manfred Haimbuchner, seit dem Wendejahr FPÖ-Mitglied und seit Oktober 2015 stellvertretender Landeshauptmann in Oberösterreich, sagt also: „Eine Partei, die den Anspruch erhebt zu regieren, muss auch gute Kontakte zur Wirtschaft haben.“ Hat die FPÖ diese guten Kontakte? „Wir haben sogar sehr intensive Kontakte zu Wirtschaftstreibenden“, antwortet Haimbuchner. „Wir führen Diskussionen, wir werden zu Betriebsbesuchen eingeladen, man sucht offenbar den Kontakt zu uns.“ Sein Resümee: „Die Gesprächsbereitschaft ist so groß wie noch nie.“

Namen von Unternehmern oder Managern will er keine nennen, da bittet er um Verständnis. Dafür gibt er bereitwillig Auskunft darüber, dass er gerade federführend an einem FPÖ-Regierungsprogramm arbeitet. Damit soll die Kritik, dass die Freiheitlichen wirtschaftspolitisch nicht viel zu bieten hätten, offenbar zerstreut werden.

Und Haimbuchner ist fleißig. Sei es, dass Studien in Auftrag gegeben wurden – etwa beim IHS (Thema: erneuerbare Energie) oder bei der Uni Linz (Reformoptionen bei der Familienbesteuerung). Sei es, dass ökonomische Experten von außen ins Boot geholt wurden.

Reinhard Teufel, Büroleiter von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, nennt sogar Namen: Barbara Kolm, Präsidentin des Hayek-Instituts, berät die FPÖ in Budgetfragen. Volkswirtschaftsprofessor Robert Holzmann, einst Senior Economist beim Internationalen Währungsfonds und der OECD sowie Weltbank-Experte, wird für Währungspolitik zurate gezogen. Steuerberater Gottfried Schellmann, der bei den Nationalratswahlen 2013 für die ÖVP an unwählbarer Stelle kandidierte, hat zahlreiche Studien für die FPÖ verfasst. Etwa über Familienbesteuerung oder Solidarprinzip versus Leistungsfähigkeitsprinzip.

Unschwer zu erkennen: Manfred Haimbuchner ist für die FPÖ zur wirtschaftspolitischen Schlüsselfigur geworden. Er soll offenbar eine offene Flanke schließen und rüstet ökonomisch auf. Folglich sendet er auch heftig Signale an die Wirtschaft. Und die werden durchaus gehört. Wohlwollend.

Wobei: Diesmal sind die Dinge ein wenig anders als im Jahr 2000. Jedenfalls, was die Industriellenvereinigung betrifft. Damals war Miba-Chef Peter Mitterbauer Präsident der Interessenvertretung. Gemeinsam mit seinen Jagdfreunden Thomas Prinzhorn, Alfred Heinzel und Veit Sorger sowie Industrie-Generalsekretär Lorenz Fritz und anderen mächtigen Industriellen arbeitete er im Hintergrund ganz eifrig an der Inthronisierung von Schwarz-Blau.

Heute steht Georg Kapsch an der Spitze der Industriellenvereinigung. Ein Liberaler, für den die Freiheitlichen ein absolutes No-go sind. Er vertritt damit freilich nicht unbedingt die Linie der Bundesländer.

Die IV-OÖ etwa ist, so erzählen politische Beobachter, „schon komplett gekippt“. Nämlich in Richtung FPÖ. Der Präsident der IV-OÖ, Axel Greiner, soll jedenfalls eine besonders gute Gesprächsbasis und offene Kooperationsbereitschaft mit den Freiheitlichen haben. Dass ÖVP-Wirtschaftslandesrat Michael Strugl im vergangenen Herbst vorpreschte und sich für eine Koalition in Oberösterreich mit der FPÖ aussprach, soll jedenfalls daher rühren. Strugl sei unter enormem Druck der oberösterreichischen Wirtschaft gestanden, heißt es.

So eindeutig sind die Dinge in Salzburg (noch) nicht. Doch die Stimmung in der Wirtschaft ist schlecht, sagt der Salzburger IV-Präsident Rudolf Zrost.

Koalitionspräferenzen seiner Mitglieder will er nicht kundtun. Seine persönliche Meinung sehr wohl. Zrost: „Wenn eine andere Regierungskonstellation bereit ist zu reformieren, dann bin ich für eine andere Konstellation.“

Ein massiver Anti-FPÖ-Kurs ist auch in der Steiermark nicht auszumachen.

Jochen Pildner-Steinburg, steirischer Industriellen-Präsident: „Es sind alle schwer enttäuscht, die Regierung hat das Vertrauen verspielt. Nichts bewegt sich, die Rahmenbedingungen verschlechtern sich permanent.“ Gibt es unter seinen Mitgliedern den Wunsch nach einer Koalition mit den Blauen? Pildner-Steinburg: „Offiziell wird sich nicht jeder dazu bekennen, aber die Zeichen gehen in die Richtung.“

Ähnlich spannend wie in der Industriellenvereinigung laufen die Dinge beim ÖVP-Wirtschaftsbund: Auch dessen Spitze – Präsident Christoph Leitl und Generalsekretär Peter Haubner – will bei der FPÖ erst gar nicht anstreifen. Doch das Duo wird nicht mehr allzu lang im Amt sein, voraussichtlich kommt es 2017 zur Wachablöse. Und was dann?

Einer der potenziellen Leitl-Nachfolger, der Wiener Walter Ruck, hat gegenüber der FPÖ keine Berührungsängste. Warum auch? Hinter vorgehaltener Hand heißt es beim Wirtschaftsbund, dass rund die Hälfte der Mitglieder für eine Koalition mit der FPÖ ist. Motto: Die letzten wirtschaftspolitischen Reformen in Österreich hätten seinerzeit, unter Schwarz-Blau stattgefunden.

Der steirische Wirtschaftskammer-Chef Josef Herk hat ebenfalls gute Chancen, Leitl nachzufolgen. Und auch er ist, „aus pragmatischen Gründen“, politisch für alles offen. Herk mit Seitenhieb auf das Wahldebakel vom Sonntag: „Wenn meinem Unternehmen die Kunden weglaufen, dann muss ich mir eingestehen, dass es so nicht weitergeht.“ Und: „Dem Kunden ist es letztlich egal, wie ein Unternehmen aufgestellt ist, das Produkt muss sich bewähren.“ Auf die Politik umgemünzt heißt das für Herk: „Wenn die Problematik nicht erkannt wird, dann muss es eine Veränderung geben.“

Herk findet, „dass man der Wirtschaftspolitik der FPÖ schon einiges zutrauen kann“. Einzige Einschränkung: „Wenn man gegen den Gemeinsamen Markt ist, wird es schwierig.“

Doch vorerst überwiegt der Frust über „das Versagen der Verantwortlichen in der Regierung“. Der steirische Wirtschaftsbündler Herk sieht das so: „In der Regierungswerkstatt wird gepfuscht.“

Besser hätte es Manfred Haimbuchner auch nicht formulieren können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2016)

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