Heizen mit Manner-Schnitten

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Eine Million Schnittenpackungen werden pro Tag bei Manner hergestellt. Mit der Abwärme werden nun 600 Wiener Haushalte versorgt.


Wien. Er kommt durchaus überraschend, der beißende Geruch nach Desinfektionsmittel, hier mitten in der Manner-Fabrik, in der es eben noch picksüß nach Haselnusscreme gerochen hat. Wer aber in den vierten Stock möchte, dorthin, wo die bekannten Schnitten hergestellt werden, muss erst eine sogenannte Desinfektionsschleuse passieren. Ob des penetranten Geruchs, des türkisen Schutzmantels und des gleichfarbigen Haarnetzes, die man als Besucher tragen muss (die Mitarbeiter tragen das gleiche Outfit in Weiß), fühlt man sich durchaus an einen OP-Saal im Spital erinnert.

Aber nur kurz. Denn oben, in der Produktionsstätte, in der die Maschinen so laut rattern und surren, dass man nur schreiend kommunizieren kann und die großen Schnittenblöcke nur so am Fließband dahinrasen, ist er wieder da, der typische Geruch nach Nuss und Kakaocreme, mit dem halb Hernals bestens vertraut ist.

Denn hier werden seit Ender der 1890er Jahre jene Schnitten in der charakteristischen rosa Verpackung samt Stephansdom-Logo produziert, die nach wie vor das Aushängeschild des Unternehmens sind – der erste Betrieb, den Josef Manner 1890 in Margareten gestartet hatte, war damals längst zu klein geworden. Doch lange Zeit wurde das Ur-Wiener Produkt Manner Schnitte gar nicht in Wien, sondern im oberösterreichischen Perg produziert. In der Wiener Fabrik wurden nur Sonderprodukte hergestellt. Als man das Werk in Perg geschlossen hat, wurden die Produktion und der weltgrößte Waffelofen wieder nach Wien verlagert. 40 Millionen Euro werden seit 2012 in den Ausbau des Wiener Standorts investiert. Ein ungewöhnlicher Schritt in Zeiten, in denen viele Firmen ihre Produktion in Länder mit niedrigeren Produktionskosten auslagern.

600 Haushalte versorgt

Als Nebeneffekt dieser Verlegung wird nun aus dem „globalen Süßwarenerzeuger ein lokaler Energieproduzent“, wie es Thomas Gratzer, Vorstand für Produktion und Technik bei Manner, formuliert. Denn ab sofort wird die Abwärme aus dem Backprozess auf einer Länge von 3,5 Kilometern in das Netz der Wien Energie eingespeist und für Heizung und Warmwasser verwendet: 600 Haushalte und Betriebe in unmittelbarer Umgebung werden nun mit Wärme aus der Schnittenfabrik versorgt. Die Leistung beträgt 1 Megawatt. Die Kosten für die Anlage, über die die Abwärme ins Netz gelangt, betragen rund 400.000 Euro, 80.000 davon trägt Manner, 320.000 investiert Wien Energie, Manner bekommt die gelieferte Wärme von Wien Energie abgegolten.

(c) Die Presse

Abwärme wird bei Manner tatsächlich permanent produziert. Die Maschinen laufen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Etwas mehr als eine Million Schnittenpackungen werden produziert – pro Tag. 400 Mitarbeiter sind in Hernals beschäftigt, 300 weitere am Standort in Wolkersdorf (NÖ), wo etwa die Casali Rum-Kugeln oder die Dragee-Keksi produziert werden – beide Klassiker gehören seit 1970, als Manner mit Napoli fusionierte, zum Unternehmen.

Das Aushängeschild ist trotz vieler zusätzlicher Produkte – vom Manner-Müsli bis zu Caffè-Latte-Schokoschnitten – die Haselnussschnitte in der klassischen, rosa Packung. Die Schnitten selbst sind bis heute in der alten Form: Fünf Schichten Waffel, vier Schichten Haselnuss-Kakao-Creme, auch die Packungsgröße hat sich seit 1898 nicht verändert.
Bis zum Ersten Weltkrieg war Manner das erfolgreichste Süßwarenunternehmen der Donaumonarchie. Nach den Weltkriegen gelang wieder der Aufstieg zu einer der bekanntesten Marken des Landes. Die aber auch außerhalb Österreichs funktioniert: Die Hälfte der Produktion wird mittlerweile im Ausland verkauft. Im Vorjahr machte Manner einen Umsatz von 191,94 Millionen Euro.

(APA)

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