Ein Hochstapler plante den "Fluchhafen" Berlin

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Flughafen Schoenefeld Brandenburg Deutschland Sch�nefeld Flughafen Schoenefeld Brandenburg Deuts(c) imago/Sch�ning (imago stock&people)
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Subtext: Falscher Ingenieur, korrupter Technikchef, heikle Akten am Straßenrand: Das BER-Debakel wird immer skurriler.

Ein Ingenieur, weiß der Volksmund, hat es schwör. Umso mehr, wissen wir Skylink-geschädigten Österreicher, wenn er das Brandschutzsystem eines Flughafens planen muss. Und erst recht, wenn es darum geht, den künftigen Terminal am künftigen Großflughafen Berlin von etwaigem Rauch zu befreien. Offenbar das Komplexeste vom Komplexen, ein „Monster“, wie es Hartmut Mehdorn nennt, der Chef des Milliardengrabes. Im Mai feuerte er einen gewissen Alfredo di Mauro fristlos. Der hatte mit seinem Ingenieurbüro eine „Fehlplanung“ hingelegt, „die niemals funktionstüchtig gewesen wäre“. Das Vertrauensverhältnis sei „endgültig zerrüttet“. Warum so viel späte Verbitterung über einen Fachmann, der schon seit 2006 mit der Schlüsselposition betraut war? Der „Stern“ bringt es nun ans Licht: Der Herr Diplomingenieur ist gar keiner. Di Mauro hat nur einen Gesellenbrief als technischer Zeichner. Ein Hochstapler also, in der Tradition des Hauptmanns von Köpenick. Erst dementierte der 52-Jährige („völlig absurd“), dann gab er kleinlaut zu: „Ich hatte Visitenkarten, wo das draufstand. Das war ein Fehler.“

Geprüft hat sein Curriculum niemand. Sonst wären die Bauherren auf Leidensgenossen in Offenbach gestoßen. Dort scheiterte di Mauro schon vor zwölf Jahren an einem Ärztehaus: In der Tiefgarage des Rohbaus bildete sich mangels Drainage ein See, im Lift zum Operationssaal hatte kein Krankenbett Platz, und das auftraggebende Ärztepaar klagt, der „Architekt“ habe sie „fast in die Pleite gerissen“.

Was soll's, Schwamm drüber, Blick nach vorn. Mehdorn brachte ja einen Technikchef, um das Monster endlich zu bändigen. Aber ach: Schon kurz nach dem Rauswurf des falschen Ingenieurs musste er auch Jochen Großmann feuern. Grund: schwerer Korruptionsverdacht. Der Hoffnungsträger soll von einem Lieferanten ziemlich plump eine halbe Million gefordert haben. Jetzt haben sie da unten in Schönefeld keine Planer und keinen Plan. Di Mauros Konzept wurde längst „der Entsorgung zugeführt“. Das heißt aber in Berlin nicht viel. Am Montag stellte die Polizei zwei Container mit Aktenordnern am Straßenrand sicher. Ein insolventes BER-Planungsbüro hatte sich so sicherheitsrelevanter Pläne entledigt. Die standen dort geraume Zeit, jedem Passanten einsichtig. Der Flughafen stellte Strafanzeige.

Viele Berliner meinen, man sollte mit den Akten gleich den ganzen peinlichen Flughafen entsorgen. Man könnte ja wieder vom alten Innenstadt-Airport Tempelhof fliegen, jetzt, wo die Bürger dort jegliche Randbebauung verhindert haben. Die BER-Ruine ließe sich zum Mahnmal politischen Größenwahns umwidmen.

Selbiger ist freilich schwer zu bremsen: Politiker schlagen ernsthaft vor, weit draußen in Brandenburg per Spatenstich einen Neustart zu wagen. Und soeben hat sich die deutsche Hauptstadt für die Olympischen Spiele 2024 beworben. Wir gratulieren zum Mut und wünschen viel Glück!

E-Mails an:karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2014)

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