EZB gibt Banken 83 Milliarden Euro

Symbol Euro Logo vor der Europaeischen Zentralbank
Symbol Euro Logo vor der Europaeischen Zentralbank(c) www.BilderBox.com (BilderBox.com)
  • Drucken

Die Nachfrage nach billigem EZB-Geld war gering. Statt der erhofften 130 Mrd. Euro holten sich Europas Banken nur 82,6 Mrd. Euro. Damit soll die Kreditvergabe angekurbelt werden.

Wien. Um der Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen, hat die Europäische Zentralbank (EZB) mehrere Maßnahmen beschlossen. Zunächst wurde der Leitzins auf ein Rekordtief von 0,05 Prozent gesenkt. Zusätzlich können die Banken billiges Geld bei der EZB aufnehmen. Dazu beschlossen die Währungshüter im Juni, das Finanzsystem bis Mitte 2016 mit mehreren Kapitalspritzen zu fluten. Am gestrigen Donnerstag wurde die erste Tranche zugeteilt.

Doch die Nachfrage war überraschend gering. 255 Banken aus ganz Europa holten sich 82,6 Milliarden Euro. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten hatten jedoch erwartet, dass die Banken 130 Milliarden Euro haben wollen.

Geringe Kreditnachfrage

Die nächste Aktion soll Mitte Dezember erfolgen. EZB-Chef Mario Draghi war davon ausgegangen, dass die Banken bei den ersten beiden Tranchen in Summe 400 Milliarden Euro beantragen werden. Für die geringe Nachfrage gibt es im Wesentlichen drei Gründe:
•Die EZB knüpft die Geldspritzen an die Bedingung, dass die Banken die Milliarden an die Wirtschaft in Form von Krediten weitergeben. Doch viele Unternehmen wollen derzeit kein Geld. Sie warten wegen der unsicheren Lage (wie der Krise in Russland und der Ukraine) mit Investitionen ab. Auch in den südeuropäischen Krisenländern ist die Kreditnachfrage gering.
•Das nächste Problem ist der gerade laufende EZB-Stresstest. Bis Ende Oktober nimmt die EZB die Bilanzen von 124 Großbanken in der Eurozone unter die Lupe. Dabei wird unter anderem geprüft, ob die Banken für Problemkredite genügend Vorsorgen gebildet haben.

Die Ergebnisse des Tests werden am 26.Oktober veröffentlicht. Viele Banken warten nun einmal die Resultate ab, bevor sie neue Kreditengagements eingehen.
•Ein weiterer Grund ist die vor Kurzem von der EZB gemachte Ankündigung, den Banken demnächst sogenannte Kreditverbriefungen abzukaufen. Das bedeutet, dass die Banken riskante Geschäfte an die EZB abgeben können. Hier soll es um ein Volumen von 500Milliarden Euro gehen.

Kein EZB-Geld nach Österreich

Viele Kreditinstitute möchten zuerst die riskanten Wertpapiere loswerden, bevor sie neues Geld bei der EZB aufnehmen. Einige Analysten sagten, die am Donnerstag erfolgte Geldspritze sei ein Misserfolg gewesen.

Wie handelten Österreichs Banken? Laut „Presse“-Rundruf holten sich die führenden Großbanken (Bank Austria, Raiffeisen Bank International, Erste Group, Volksbanken-Spitzeninstitut) am Donnerstag keinen Cent von der EZB. Alle Institute haben erklärt, dass sie über genügend Liquidität verfügen und auch mehr Kredite vergeben möchten. Doch das Problem sei die geringe Nachfrage nach Firmenkrediten. Die Bank Austria wird aber voraussichtlich bei der nächsten EZB-Tranche im Dezember mitmachen. „Das Volumen steht noch nicht fest“, sagte ein Bank-Austria-Sprecher.

Die Kreditinstitute können das billige EZB-Geld vier Jahre lang behalten. Eine Bedingung ist, dass die Banken die Kreditvergabe nicht zurückfahren. Machen sie das doch, müssen sie die Milliarden schon nach zwei Jahren zurückzahlen.

Die EZB hatte schon in den Jahren 2011 und 2012 eine Billion in das europäische Finanzsystem gepumpt. In dieser Zeit erreichte die europäische Schuldenkrise ihren Höhepunkt. Viele Banken nahmen damals das EZB-Geld. Doch anstatt die Milliarden an die Wirtschaft weiterzugeben, kauften die Banken lieber Staatsanleihen europäischer Krisenländer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.