Griechische Ärzte verschreiben die wenigsten Generika in Europa

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Es gebe in Griechenland kein Anreizsystem für Einsparungen bei Medikamenten. 51 Prozent Anteil an Markenmedikamenten ist der höchste Anteil in Europa.

Es gibt manchmal sehr einfache Lösungen für komplexe Probleme. Im Fall von Griechenland und dessen viel zu hoher Verschuldung - unter anderem wegen des ineffizienten Gesundheitssystems - ist ein Rezept erkennbar: Geringere Verschreibung von Markenmedikamenten und vermehrter Rückgriff auf die günstigeren, aber gleichwertigen Generika.

Das Land des Hippokrates liegt derzeit bei den Verschreibungen von Generika und den entsprechend erzielbaren Einsparungen in ganz Europa auf dem letzten Platz. Das ist nicht ideal für ein Land, das derzeit über ein drittes Rettungspaket verhandelt.

Verschreibungspraxis versus Sparvorgaben

Griechische Apotheken haben im letzten Jahr weiterhin mehrheitlich Markenmedikamente aus dem Ausland importiert, wie aus Daten von IMS Health Holdings Inc. hervor geht, die sich mit dem internationalen Medikamentenverbrauch beschäftigen. Weiterhin dominierend waren demnach der Blutdrucksenker Diovan von der Novartis AG und der Cholesterinsenker Lipitor aus dem Hause Pfizer Inc. - und zwar mehrere Jahre, nachdem der Patentschutz für beide Mittel ausgelaufen ist, was die Tür für Generika längst geöffnet hat.

Diese kostspielige Verschreibungspraxis griechischer Ärzte ist darauf zurückzuführen, dass es im Gesundheitssystem keinerlei Anreize für Einsparungen bei den Medikamenten gibt, wie Per Troein, Vice President Strategic Partners bei IMS, erklärt. Die Dominanz von Markenmedikamenten in Griechenland erschwert den Behörden die Erfüllung der Sparvorgaben aus dem letzten Rettungspaket.
“Wenn Griechenland Geld sparen will, dann müssen sie verbindliche Regeln für die Medikamentenverschreibung einführen”, sagte Troein.

In vielen Fällen, sagte er, gebe es bedeutend günstigere Alternativen ohne Patentschutz. Beispiel Diovan: Im vierten Quartal wurde der blutdrucksenkende Wirkstoff laut Daten von IMS in 82 Prozent der Fälle in Griechenland als Originalmedikament verschrieben. In Deutschland hingegen macht Diovan nur vier Prozent des Umsatzes mit dem Wirkstoff aus. Der Patentschutz in Europa ist bereits seit vier Jahren abgelaufen. Ähnlich ist es beim Mittel Lipitor, wo das Original in Griechenland 29 Prozent des Marktes ausmacht, aber in Deutschland auf nicht mehr als fünf Prozent kommt. Lipitor verlor seinen Patentschutz 2012, und ist in Griechenland zu 11,51 Euro für ein Päckchen mit 14 Tabletten zu je 40 Milligramm erhältlich, das sind 27 Prozent mehr als die generische Version. Diovan mit 320 Milligramm ist mit 7,22 Euro um 48 Prozent teurer als das Generikum.

Generika-Ziele werden verfehlt

Mit 51 Prozent Anteil an Markenmedikamenten liegt die Verschreibung der Originale in Griechenland auf dem höchsten Wert unter den 20 von IMS untersuchten europäischen Ländern. Entsprechend sind die durchschnittlichen Kosten für eine Tagesdosis über sieben wichtige Wirkstoffklassen in Griechenland auf dem dritthöchsten Niveau in Europa, hinter der Schweiz und Irland.

Der neue Gesundheitsminister Panagiotis Kouroumplis, der nach dem Wahlsieg des linken Parteienbündnisses ins Amt kam, macht die Pharmaindustrie verantwortlich: “Bemühungen um eine vermehrte Marktverbreitung von Generika in Griechenland haben bislang keinen Erfolg gezeigt, weil die Interessen der Pharmaindustrie bei ihren Marken sehr stark sind”, hieß es von Minister Kouroumplis auf Nachfrage. Sein Vorgänger Adonis Georgiades hatte im letzten Jahr ein Ziel von mindestens 30 Prozent Generikaanteil für 2014 gesetzt und strebte einen Wert von 60 Prozent zum Jahresende 2015 an. Beide Ziele werden wohl verfehlt.

Offene Rechnungen über eine Milliarde Euro

“Wir können nicht gerade behaupten, dass unsere Maßnahmen sehr effektiv waren”, sagte Elpida Pavi von der Fakultät für Gesundheitsökonomie des Instituts für Nationale Gesundheit in Athen. Unverändert sei der Markt zu Gunsten von Originalmedikamenten verzerrt.
Importierte Medikamente machen in Griechenland laut IMS etwa 88 Prozent des Gesamtmarktes aus und gehören damit zu den bedeutendsten Importgütern, gemeinsam mit Kraftstoffen, Fahrzeugen und Elektronik. Zurückzuführen ist der unzureichende Gebrauch von Generika in dem hoch verschuldeten Land laut Experte Troein auch auf die traditionell vergleichsweise niedrigen Preise für Markenmedikamente und eher höheren für Generika.

Erfolge hat das griechische Gesundheitssystem bei Einsparungen mit Medikamenten durchaus vorzuweisen. Die Gesamtrechnung konnte von 5,6 Mrd. Euro 2009 auf zwei Mrd. Euro im letzten Jahr reduziert werden.
Ausländische Pharmaunternehmen haben Griechenland die Weiterbelieferung mit lebensnotwendigen Medikamenten zugesagt, verweisen aber zugleich auf unbezahlte Rechnungen der Regierung in Athen, die sich mittlerweile auf mehr als eine Mrd. Euro belaufen.

(Bloomberg)

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