Umsatzplus: Handel beendet Durststrecke

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wachstumstreiber ist heuer der Lebensmittelhandel. Flächen schrumpfen.

Wien. Nach einer Durststrecke von vier Jahren schreibt der Einzelhandel (ausgenommen Onlinehandel) im ersten Halbjahr 2015 nun erstmals wieder ein Umsatzplus. Der reale Umsatz – bereinigt um die Inflationsrate – ist in den Monaten Jänner bis inklusive Juni um 0,5 Prozent gestiegen. Nominell gab es ein Wachstum von 1,2 Prozent.

Die positive Entwicklung sei vor allem dem sich abschwächenden Preisauftrieb geschuldet, sagt Ernst Gittenberger von der KMU-Forschung Austria. Die Inflationsrate stieg um 0,9 Prozent im ersten Halbjahr 2015 im Vergleich zu 1,7 Prozent im Vorjahreszeitraum). Die Preise sind heuer um 0,7 Prozent im Vergleich zu 1,0 im Vorjahr gestiegen.

Im Vergleich der EU-28 liegt Österreich beim Einzelhandels-Umsatz dennoch auf dem schwachen 21. Platz. Das liege vor allem daran, dass Österreich von einem hohen Ausgangsniveau gestartet sei. In den ersten Krisenjahren 2009/10 seien die Handelsumsätze in Österreich nicht, wie in vielen anderen EU-Ländern, stark abgesackt, so Gittenberger. Stärkeres Wachstum als Österreich weisen aber nicht nur die sich erholenden europäischen Krisenländer wie Spanien auf, sondern auch Deutschland (+3,4 Prozent), Großbritannien oder Schweden. Die höchsten Wachstumsraten verzeichnen heuer Malta (+8,1 Prozent), Polen (+7,2) und Tschechien (+6,3). Österreichs schlechtes Abschneiden hat auch mit der im EU-Vergleich verhaltenen Konjunkturentwicklung zu tun. Für das Gesamtjahr 2015 hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von real 0,5 Prozent prognostiziert, die Konsumausgaben sollen im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent steigen.

Deutlich mehr Konsum 2016

Für 2016 sagt das Wifo (Prognose vom Juni 2015) aber eine deutliche Steigerung bei den Konsumausgaben von real 1,3 Prozent voraus – eine Folge der Steuerreform. Die Ausgaben sollen aber vor allem in langfristige Güter (alles, was nicht dem täglichen Bedarf dient, vom Fernseher über Möbel bis zum Auto) fließen, da dort in den vergangenen Jahren gespart wurde.

Wachstumstreiber heuer ist vor allem der Lebensmittelhandel, der den größten Anteil am gesamten Einzelhandel hält und Jänner bis Juni ein reales Plus von 2,1 Prozent verzeichnet hat. Insbesondere die Diskonter konnten ihren Umsatz steigern. Reale Zuwächse erzielten auch der Spielwarenhandel (+0,5 Prozent), der Drogeriehandel (+2,2 Prozent) und der Sportartikelhandel (+5,6 Prozent).

Zum zweiten Mal in Folge sind 2014 die Verkaufsflächen zurückgegangen – um 240.000 auf 14,1 Millionen Quadratmeter. Laut René Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel, zeichnet sich hiermit eine Trendwende ab: „Erstmals geht dieser Rückgang nicht auf Handelsgroßpleiten wie Dayli oder Niedermeyer zurück, sondern ist dem generellen Strukturwandel geschuldet.“ Besonders deutlich sei der Flächenschwund dort, wo der Onlinehandel floriere, zum Beispiel im Elektro-, Schuh- und Sportartikelhandel.

Sonntagsöffnung nur begrenzt

Auch die Zahl der Geschäfte verringerte sich 2014 um 2000 auf 39.000. Hier handelt es sich aber um keine neue Entwicklung: Seit 2006 sperren jährlich mehr Geschäfte zu als auf. Parallel dazu nimmt der Filialisierungsgrad zu: Große Ketten verdrängen zunehmend Einzelgeschäfte.

In Sachen Sonntagsöffnung – eines der Wahlkampfthemen in Wien – zeigt sich der neue Handels-Spartenobmann, Peter Buchmüller, restriktiv: „Eine gesamte Sonntagsöffnung steht nicht zur Diskussion.“ Man müsse in Wien erst einmal Gebiete verbindlich als Tourismuszonen definieren. Für diese sei eine Sonntagsöffnung dann auch zulässig. (es)

AUF EINEN BLICK

Handelsumsatz. Zum ersten Mal seit dem zweiten Halbjahr 2010 sind die Umsätze im österreichischen Einzelhandel gegenüber dem Vorjahr wieder real gewachsen. Wesentlicher Grund ist die Abschwächung des Preisauftriebs. Absolut liegt der Umsatz im ersten Halbjahr 2015 bei 27,2 Milliarden Euro netto. Auch für 2016 sollen die Konsumausgaben laut Wifo deutlich steigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2015)

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