Die Privatisierung der Raumfahrt

Sierra Nevada Corporation engineers and technicians prepare the firm´s Dream Chaser engineering test vehicle for tow tests on a taxiway at NASA´s Dryden Flight Research Center in Palmdale California
Sierra Nevada Corporation engineers and technicians prepare the firm´s Dream Chaser engineering test vehicle for tow tests on a taxiway at NASA´s Dryden Flight Research Center in Palmdale California(c) REUTERS (Ken Ulbrich)
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Die Nasa hat einen 14-Milliarden-Dollar-Auftrag für Raumflüge an drei private Unternehmen vergeben.

Er gilt als einer der großen Tage in der Geschichte der Raumfahrt. Der 25. Mai 1961. In seiner ersten Rede vor dem US-Kongress erklärte der damalige US-Präsident, John F. Kennedy: „Wir sollten uns das Ziel setzen, noch vor dem Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond zu bringen [. . .] Und es wird dabei nicht nur ein einzelner Mann zum Mond fliegen, sondern eine ganze Nation.“ Mit diesen historischen Worten war der Wettlauf mit der Sowjetunion um die Mondlandung offiziell gestartet, den die USA acht Jahre später für sich entscheiden konnten.

Knapp 50 Jahre später nahm sich erneut ein US-Präsident in einer viel beachteten Rede der Zukunft der Raumfahrt an. Denn die einst im Zentrum des nationalen Interesses stehende Nasa litt inzwischen an großen Problemen. Vor allem Geldproblemen, die die Zukunft der Organisation zunehmend vollständig infrage stellten. Und daher sagte Barack Obama am 15. April 2010 in der Nasa-Zentrale in Florida: „Ich stehe zu 100 Prozent hinter der Nasa und ihrer Zukunft [. . .] Aber wir werden künftig mit einer wachsenden Gruppe an privaten und miteinander konkurrierenden Unternehmen zusammenarbeiten, um die Raumfahrt leichter und günstiger zu machen.“

Sechs Flüge pro Firma

In der Nacht auf Freitag ist die US-Raumfahrtbehörde auf diesem vom Weißen Haus vorgegebenen Kurs einen wichtigen Schritt vorangekommen. Sie hat den Auftrag für die amerikanischen Versorgungsflüge zur Internationalen Raumstation ISS zwischen 2019 und 2024 an die drei privaten Unternehmen SpaceX, Orbital ATK und Sierra Nevada vergeben. Jede der drei Firmen soll in den fünf Jahren dabei mindestens sechs Flüge zwischen der Erde und der Raumstation durchführen. In Summe will die Nasa dafür maximal 14 Mrd. Dollar (12,8 Mrd. Euro) ausgeben. Man hoffe aber, dass man deutlich unter diesem Wert bleiben könne, hieß es bei der Präsentation der Entscheidung in Florida.

Zwei der Unternehmen, Orbital ATK und das von Tesla-Chef Elon Musk gegründete SpaceX, sind schon jetzt für die Nasa mit Transportflügen tätig. Eine Zusammenarbeit, die von der Raumfahrtbehörde am Freitag noch einmal extra gelobt wurde. „Kaum jemand hätte bei Präsident Obamas Rede gedacht, dass wir weniger als sechs Jahre später bereits 35.000 Pfund (rund 16.000 Kilogramm) an Nutzlast durch Privaten zur ISS transportiert haben werden. Wir sind daher auf gutem Weg, dass wir amerikanische Astronauten mit amerikanischen Unternehmen von amerikanischem Boden zur ISS bringen lassen können“, so die Nasa in einer Aussendung.

Denn es geht bei der neuen Privatisierungsstrategie nicht nur um die Kosten. Seit der Ausmusterung der Shuttles sind die USA nämlich von russischen Sojus-Kapseln abhängig, um ihre Astronauten ins All zu bringen. Nicht zuletzt angesichts der jüngsten Spannungen mit Moskau aufgrund der Kriege in der Ukraine und in Syrien eine unerwünschte Abhängigkeit der Supermacht.

Eine Rückkehr zur Autarkie in der Raumfahrt ist daher das unausgesprochene Ziel, allerdings nicht mehr zu den horrenden Kosten, die die störungsanfälligen Space Shuttles verursacht haben. Und dass sie Kosten sparen können, haben die privaten Anbieter bereits bewiesen. So verlangt etwa SpaceX für ein zur ISS transportiertes Kilogramm Last etwa 4500 Dollar. In einem Shuttle kostete das noch mehr als das Dreifache. Dennoch sollen die Preise auch hier noch wesentlich stärker fallen, wenn die Raketen sicher gelandet und wiederverwertet werden können. Im Dezember ist dies dem Unternehmen erstmals gelungen.

Unfälle auch bei Privaten

Doch auch die Privaten sind vor Unfällen nicht gefeit. So haben sowohl SpaceX als auch Orbital bereits Raumfahrzeuge samt Ladung verloren. Deshalb habe sich die Nasa auch entschieden, künftig sogar auf drei Anbieter mit unterschiedlichen technischen Konzepten zu setzen. Die großen Verlierer im neuen Milliardengeschäft im All sind übrigens die einstigen Raumfahrt-Schwergewichte Boeing und Lockheed Martin. Beide Konzerne haben sich ebenfalls beworben, kamen aber nicht zum Zug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)

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